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Landeskirche will antijüdische Darstellungen an Kirchen aufspüren

Mit einem Forschungsprojekt will die bayerische evangelische Landeskirche antijüdische Darstellungen an und in Kirchengebäuden systematisch dokumentieren und eine kritische Aufarbeitung in den jeweiligen Gemeinden anregen. Zunächst einmal soll eine Projektbeschreibung aufgesetzt werden, sagte der landeskirchliche Beauftragte für den christlich-jüdischen Dialog, Axel Töllner, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man habe ehrlicherweise aktuell aber „überhaupt keine Vorstellung davon“, welche Dimensionen solch ein Projekt mittelfristig haben wird „und welche Ressourcen man dafür braucht“.

Sogenannte Judensau-Plastiken, Menschen mit großen Hakennasen oder Jesu’ Folterknechte, die auf ihrer Kleidung hebräische Schriftzeichen tragen: Auch an und in evangelischen Kirchengebäuden in Bayern gibt es solche Darstellungen zuhauf. Dabei gebe es „keinen abschließenden Kriterienkatalog“, ab wann Darstellungen problematisch sind, sagt Töllner: „Diese Einschätzung ändert sich immer wieder mal, genauer gesagt werden wir heute sensibler dafür.“ So könnte auch ein vor 20 Jahren als angemessen empfundener Umgang mit einer antijüdischen Darstellung „heute nicht mehr passend“ sein, erläuterte Töllner.

Dabei müsse der Antijudaismus in den Darstellungen nicht immer so eindeutig sein wie in den bekannten Fällen wie der „Judensau“ am Regensburger Dom, sagt der emeritierte Theologie-Professor Wolfgang Kraus. Er verweist etwa auf die Geschichte der Tempelreinigung, als Jesus die Händler aus dem Tempel jagt: „Da wird Jesus in etlichen bildlichen Darstellungen gänzlich anders dargestellt als die Händler, die eine antisemitische Physiognomie haben.“ Solche Darstellungen als problematisch zu erkennen, sei beim beiläufigen Betrachten oft gar nicht so leicht, erläuterte Töllner: „Da braucht es ein geschultes Auge.“

Diese antisemitische Bildsprache, die in der Sakralkunst eine jahrhundertelange Tradition hatte, lebe auch heute fort. Zwar nicht mehr in der Kirchenkunst, weil diese heutzutage in der Regel auch sehr abstrakt ist, sagte Töllner. In Kinderbibeln aber habe Jesus „oftmals hellere Haut als seine vermeintlichen Gegner“. Außerdem unterschieden sie sich von Jesus oft „durch klischeehafte Kleidungsstücke oder Kopfbedeckungen“. (00/0995/26.03.2024)