Mit einem Brief hat sich der bayerische Landesbischof Christian Kopp im Nachgang zur Veröffentlichung der ForuM-Studie an die 1536 lutherischen Gemeinden in Bayern gewandt. Die Studienergebnisse erschütterten Mitarbeitende und Kirchenmitglieder zutiefst: „Es schreit zum Himmel, dass es im Raum der Evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Frauen und Männer gegeben hat und vermutlich gibt“, heißt es in dem Schreiben, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Kopp bat alle Verantwortlichen in Gemeinden, „bei Schulung, Intervention und Prävention wie bisher aufmerksam zu sein“ und weitere Schritte zu gehen, damit sexualisierte Gewalt im Raum der Kirche keinen Platz habe.
Darüber hinaus bezog Kopp Stellung zur Kritik der Forschungsgruppe an der mangelhaften Datenlage. Es sei zwar in der vertraglichen Vereinbarung festgehalten gewesen, die Personalakten aller Landeskirchen zu analysieren. Im weiteren Verlauf habe aber auch die bayerische Landeskirche zurückgemeldet, „dass eine systematische Analyse aller Personalakten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu schaffen“ sei.
Allein in Bayern gebe es aktuell 30.000 Mitarbeitende mit unterschiedlichen Anstellungsträgern. „Für die Jahre 1945 bis 2020 würde eine sechsstellige Zahl zusammenkommen“, erklärte Kopp. Schon für die Durchsicht der Disziplinarakten habe die ELKB rund 5.000 Arbeitsstunden benötigt. Man sei irritiert, dass diese Zusammenhänge bei der Vorstellung der Studie „aus unserer Sicht nicht angemessen dargelegt wurden“. Unabhängig davon bleibe die Durchsicht aller Personalakten „eine Aufgabe, der sich alle Landeskirchen in der näheren Zukunft stellen müssen“, so der Landesbischof.
Der Brief ist gekennzeichnet „zur Verlesung in allen Gottesdiensten und Gemeinden“. Eine Pflicht, den Text im Anschluss an die Gottesdienste oder über den Schaukasten bekannt zu machen, sei damit aber nicht verbunden, erklärte ein Sprecher der Landeskirche auf epd-Anfrage. Den Anstoß für das Schreiben hätten „einige Anrufe“ von Gemeinden gegeben, die sich nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie am Donnerstag mit Rückfragen an die Landeskirche gewandt hätten. „Das wollten wir mit einem Brief inhaltlich und emotional auffangen“, so der Sprecher. (00/0325/26.01.2024)