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KZ-Überlebender wird 100 – und sorgt sich um die Zukunft

Er hat mehrere Konzentrationslager und einen Todesmarsch überlebt. Jetzt wird Vasyl Volodko 100, lebt unweit von Kiew und tut sich angesichts der aktuellen Lage schwer, diesen besonderen Geburtstag unbeschwert zu feiern.

Er hat den Zweiten Weltkrieg überlebt – trotz Haft im Gestapo-Lager Neue Bremm und trotz Internierung in den Konzentrationslagern Natzweiler-Struthof und Dachau. Er hat auch einen Todesmarsch in Richtung Alpen im April 1945 lebend überstanden. Seit gut zwei Jahren herrscht wieder Krieg in seiner Heimat Ukraine. In dieser Situation wird Vasyl Volodko am Dienstag 100 Jahre alt – und macht sich Sorgen um die Zukunft.

Zum Feiern ist dem ehemaligen Ingenieur nicht zumute: “Alles schmerzt mich – und wie soll man feiern, wenn Krieg ist. Das ist keine gute Zeit zum Feiern”, sagt er am Telefon. Putin habe den Krieg aus Machtgier begonnen und wisse jetzt nicht, wie er ihn beenden soll, ist Vasyl überzeugt.

Eine knappe Autostunde außerhalb von Kiew lebt er in einem kleinen Gartenhäuschen. Da er mittlerweile blind ist, kann er dieses nur noch selten verlassen. In vielem ist er auf die Hilfe seiner Tochter Vera, mittlerweile selbst Rentnerin, angewiesen. Doch die Geräusche der Raketenangriffe hört er noch sehr deutlich in den Nächten. Dabei hatte er doch so gehofft, solchen Lärm nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nie wieder hören zu müssen.

“In meinem langen Leben habe ich schöne, aber auch grausame Tage und Situationen gehabt”, zieht er zum 100. Bilanz. Doch auch in den schlimmsten Stunden im KZ habe er die Hoffnung nie aufgegeben. Und das habe ihm geholfen, diese Hölle zu überstehen: “Einer der schönsten Tage meines Lebens war der Tag an dem ich befreit wurde. Ich erinnere mich noch genau daran.”

Jahrelang hat er in Zusammenarbeit mit dem katholischen Maximilian-Kolbe-Werk aus Deutschland als Zeitzeuge an Schulen über sein Schicksal während der Nazi-Herrschaft berichtet. Über die Zeit, als er mit 18 Jahren verhaftet wurde, weil er antifaschistische Flugblätter und Plakate verteilt hatte.

Nach einem gescheiterten Fluchtversuchs kam Vasyl Volodko ins Gestapo-Lager Neue Bremm bei Saarbrücken, wo er menschenunwürdigen Haftbedingungen und grausamen Folterungen ausgesetzt war. Folterungen, die ihn fürs Leben gezeichnet und seine Gesundheit ruiniert haben.

Am 14. Juni 1944 wurde der damals 19-Jährige ins Konzentrationslager Natzweiler-Struthof im Elsass überführt, wo er knapp vier Monate blieb. Im Oktober 1944, einen Monat vor der Befreiung von Natzweiler durch die Alliierten, kam er mit einem Evakuierungstransport im KZ Dachau an. Am 26. April 1945 wurde er dann zusammen mit anderen Häftlingen auf einen “Todesmarsch” geschickt. Viele überlebten diesen nicht. Und die SS-Männer ließen auch den entkräfteten und ausgemergelten Vasyl einfach am Wegrand liegen. Zu seinem Glück fanden ihn amerikanische Soldaten dort noch rechtzeitig. Der 20-Jährige wog da gerade noch 38 Kilo.

Bis heute unterstützt ihn das Kolbe-Werk finanziell, damit er einigermaßen über die Runden kommen kann. Die unmenschlichen Haftbedingungen konnten seinen Willen nicht brechen, haben aber seinen Körper ruiniert. Und trotzdem war es ihm möglich, ein erfülltes Arbeitsleben als Bauingenieur im Verkehrswesen zu führen.

“Ich hätte nicht gedacht, dass ich die 100 schaffe”, ist Vasyl dankbar: “Aber noch viel weniger hätte ich erwartet, dass ich noch einen Krieg erleben würde.” Seien doch Frieden und Freundschaft seiner Überzeugung nach “die schönsten und wichtigsten Dinge, die wir zum Leben brauchen.” Heute hat er deshalb eigentlich nur einen Wunsch zum Geburtstag – “dass der Krieg so schnell wie möglich endet”.