BERLIN/MÜNSTER – Nach der gewaltsamen Auflösung eines Kirchenasyls in Münster fordert die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ Aufklärung. „Wir verurteilen dieses Vorgehen aufs Schärfste und verlangen eine umgehende und umfassende Aufklärung und Information über die Hintergründe und Verantwortlichkeit für dieses Vorgehen“, erklärte die Bundesvorsitzende der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft, Dietlind Jochim, in Berlin. Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fordert der Verein „eine erneute klare Aussage zur Achtung des Kirchenasyls“. Die Behörde habe im vergangenen Jahr seine grundsätzliche Akzeptanz von Kirchenasyl bekräftigt.
In der vergangenen Woche hatte die Polizei einen 31-jährigen Flüchtling aus Ghana gewaltsam aus einem Kirchenasyl in einem Kloster in Münster abgeführt. Er sollte auf Anordnung des BAMF nach Ungarn abgeschoben werden, wo er zuerst registriert worden war. Das Verwaltungsgericht Münster setzte die drohende Abschiebung im Rahmen eines Eilantrages aus. Nach Einschätzung des Gerichts genügt die Versorgung von Flüchtlingen in Ungarn nicht den Anforderungen des EU-Rechts und der europäischen Menschenrechtskonvention.
Mehrere Tage nach dem Vorfall würden sich die beteiligten Stellen gegenseitig die Verantwortung zuschieben, kritisierte die BAG Asyl in der Kirche. „Das ist als behördliches Handeln nicht akzeptabel, gerade wenn es um den Schutz von Menschen vor Missachtung ihrer Menschenrechte geht.“ Die geplante Abschiebung des aus Ghana stammenden Mannes nach Ungarn wäre wegen der dort herrschenden Bedingungen ein Verstoß gegen die Menschenrechte gewesen.
Die nordrhein-westfälischen Grünen bezeichneten den Einsatz gegen ein Kirchenasyl als einen „bisher nahezu einzigartigen Tabubruch“. Sie kritisierten das Eindringen in die Sicherheit des Kirchenasyls als eine „nicht zu rechtfertigende Härte“ für den betroffenen Flüchtling. Eine Fluchtgefahr habe offensichtlich nicht bestanden und die Übermittlung von Gründen für eine Härtefallentscheidung an das Bundesamt sollte kurzfristig erfolgen.
Nach Angaben des Netzwerks Kirchenasyl ist der Mann aus Ghana herzkrank und auf entsprechende medizinische Behandlung angewiesen.
„Offensichtlich gaben bei der Entscheidung für die Verhaftung nicht das Wohl des Menschen, sondern ausschließlich Fristen und politische Erwägungen den Ausschlag“, kritisiert der Grünen-Parteivorstand. Auch Kirchenvertreter und der Flüchtlingsrat NRW hatten das Vorgehen der Polizei, des Kreises Coesfeld und des Bundesamtes kritisiert.
Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. epd
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Kritik an Bruch des Kirchenasyls
Initiativen protestierten gegen gewaltsame Auflösung in Münster