Junge Menschen sind viel auf digitalen Plattformen wie Instagram oder TikTok unterwegs. Übermäßige Mediennutzung kann nach Angaben einer Krankenkasse zu Erkrankungen führen, die eigentlich untypisch für Kinder sind.
Sie chatten, posten und liken: Eine Mehrheit von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren nutzt mehrmals am Tag Soziale Medien wie TikTok oder Messengerdienste wie WhatsApp. Je nachdem, wie intensiv die Nutzung ist, kann das Auswirkungen auf die Gesundheit haben – zum Beispiel, wenn sich junge Menschen wegen der Stunden am Smartphone zu wenig bewegen oder kaum persönlich kommunizieren. Dies geht aus einer Erhebung aus Daten der KKH Kaufmännischen Krankenkasse hervor, die am Freitag vorgestellt wurde. Demnach ist von 2013 auf 2023 der Anteil der Sechs- bis 18-Jährigen, die Entwicklungsstörungen im Bereich Sprache oder Motorik aufweisen, stark angestiegen.
Galten 2013 knapp 6 Prozent der KKH-Versicherten in dieser Altersgruppe als entwicklungsgestört bei Sprache und Sprechen, waren es im vergangenen Jahr knapp 9 Prozent. Besonders stark nahmen die Störungen bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 18 Jahren zu – hier verzeichnet die Versicherung eine Verdopplung auf 2,3 Prozent. Im Bereich der motorischen Entwicklung hinkten 2013 mehr als 2 Prozent der versicherten Kinder und Jugendliche hinterher, 2023 waren es 3 Prozent.
Der Hirnforscher Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig mahnte, die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen, den Überblick zu behalten, nehme ab, wenn sie intensiv auf Sozialen Plattformen unterwegs seien. “Denn vor allem im Zuge von Videoclips liegt der Fokus häufig auf den Ausschnitten einer Szene oder eines Ablaufs, nicht auf den Zusammenhängen. Ständiges Kommentieren und Chatten in kürzester Form wirkt sich zudem negativ auf die Sprach- und Lesekompetenz beziehungsweise auf die Entwicklung des Wortschatzes aus”.
Negative Folgen könne auch das Hin- und Herwechseln zwischen digitalem Interagieren und alltäglichen Tätigkeiten wie Schulaufgaben haben. Laut Korte bewegen sich die meisten 17-Jährigen nicht weiter als zwei Meter weg von ihrem Smartphone: “Das sorgt für kürzere Aufmerksamkeitsspannen und schneller nachlassende Konzentration.” Allerdings hätten Soziale Medien auch positive Effekte, etwa die Zunahme visueller Intelligenz.
Sowohl Korte als auch die KKH werben für einen vernünftigen Umgang mit Sozialen Plattformen. “Unsere Zahlen zeigen, wie wichtig ein reflektierter, maßvoller Umgang mit digitalen Medien für eine gesunde Entwicklung von Kindern ist”, betonte Franziska Klemm, Psychologin und Expertin für Medienkompetenz bei der Krankenkasse.
Sie empfiehlt Eltern, mit ihren Kindern gemeinsam klare Regeln für die Nutzung sozialer Medien festzulegen. Sie müssten sich trauen, Grenzen zu setzen. Die Psychologin rät zudem, mit den eigenen Kindern aktiv über die Erfahrungen zu sprechen, die sie online machen. Klemm: “So können Sie einen reflektierten Umgang fördern.”