Die Krankenhausgesellschaft NRW erwartet weitere Klinikpleiten. In Nordrhein-Westfalen hätten seit Januar 2022 zwölf Häuser Insolvenz angemeldet, sagte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Allein in diesem Jahr seien es drei Kliniken gewesen. „Insgesamt stehen 2024 viele weitere Häuser in NRW vor der Situation, dass sie an millionenschweren Defiziten zerbrechen.“ Manche ließen sich vielleicht noch sanieren, andere dürften für immer schließen.
In Nordrhein-Westfalen und auch bundesweit schrieben 80 Prozent der Krankenhäuser laut Umfragen rote Zahlen, sagte Morell. Er rechne damit, dass in den kommenden zehn Jahren bundesweit 20 bis 30 Prozent der Klinik-Kapazitäten durch die Schließung von Abteilungen oder von Standorten verschwinden. Es sei gut möglich, dass es durch die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen neuen Privatisierungsdruck gebe, weil Kommunen und freie Träger bereits jetzt finanziell überfordert seien.
Die Krankenhäuser warteten noch immer auf das Geld des Bundes zum Ausgleich der Inflation von 2022 bis 2024 und der Tarifsteigerungen, beklagte der Verbandschef. „Alleine in NRW haben die Krankenhäuser dadurch rund 2,6 Milliarden Euro Defizit eingefahren.“
Lobend äußerte sich Morell über die neue Krankenhausplanung für NRW, wo es das Land nicht primär darauf abgesehen habe, dass Kliniken schließen. „Doch wenn der Bund nicht bald die zugesagte finanzielle Hilfe zur Verfügung stellt und einen Ausgleich für die Inflationskosten und die Tarifsteigerungen schafft, werden noch mehr Krankenhausträger unabhängig von der NRW-Krankenhausplanung Standorte aufgeben müssen.“
Morell warf Lauterbach vor, er lege eine Schablone für ganz Deutschland an, ohne den regionalen Bedarf zu berücksichtigen. Zudem habe der SPD-Politiker vorab keine Auswirkungsanalyse gemacht und sei somit im „Blindflug“ unterwegs, kritisierte der Präsident der Krankenhausgesellschaft. Die zweite und dritte Lesung von Lauterbachs Gesetzesvorhaben im Bundestag ist für den 18. Oktober geplant, am 22. November soll das Gesetz in den Bundesrat kommen.
Das Bundesgesundheitsministerium will ein neues Vergütungssystem zur Abrechnung von Behandlungskosten in Krankenhäusern einführen. Zusätzliches Geld sollen Kliniken demnach ab 2027 beispielsweise für die Bereitstellung von Stationen etwa für Kindermedizin, Geburtshilfe und Schlaganfallbehandlung erhalten. Zu den Kernpunkten des Gesetzesvorhabens gehören auch die Einführung einer Vorhaltefinanzierung, bundeseinheitliche Leistungsgruppen und Qualitätskriterien für die Krankenhäuser sowie die Umwandlung bestehender, in der Regel kleinerer Häuser in sektorenübergreifende Versorger.