Ja, nein, vielleicht. Jeder Bundesbürger soll verpflichtet werden, sich zum Thema Organspende zu äußern und das zu dokumentieren. Kann dieser neue Vorschlag gegen den eklatanten Mangel an Spenderorganen helfen?
Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger will alle Bürgerinnen und Bürger verpflichten, ihre Haltung zur Organspende in das geplante Organspenderegister einzutragen. Kämen sie dieser Verpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist nicht nach, sei ein zusätzlicher Krankenkassenbeitrag von zehn Euro im Monat zu zahlen. Das schlägt Pilsinger in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, aus dem das Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag) zitiert.
Als Entscheidungsoptionen schlägt er neben Zustimmung und Ablehnung einer Organspende auch die mögliche Angabe vor, sich nicht entscheiden zu können. Der Eintrag solle in Arztpraxen und Apotheken oder online möglich sein.
Kritik kam von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. “Es braucht keine neuen Vorschläge zur Verbesserung der Organspendebereitschaft”, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Seit vier Jahren gebe es ein Gesetz als Kompromissvorschlag, das aber nicht umgesetzt werde. “Kaum ein Bürgeramt erfüllt hier seine Informationspflicht” beklagte Brysch. “Doch eine selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen die Organspende ermöglicht nur eine neutrale, ergebnisoffene und umfassende Aufklärung. Auch sind die Gesundheitsminister von Bund und Länder gefordert, das beschlossene Online-Organspenderegister endlich an den Start zu bringen.”
Pilsinger erhofft sich dagegen von seinem Vorschlag, dass eine “verbindliche Entscheidungslösung” dazu führt, dass sich “die gesamte Bevölkerung aktiv mit der Thematik der Organspende auseinandersetzt und bewusst eine Entscheidung trifft”. Ziel des Vorschlags sei es, die Organspendezahlen deutlich zu steigern, indem die ideologischen Gegensätze zwischen Befürwortern und Gegnern der Widerspruchslösung überwunden und erneute zeitraubende Debatten vermieden würden, argumentierte Pilsinger.
Derzeit gilt in Deutschland eine Zustimmungslösung, nach der nur derjenige für eine Organspende in Frage kommt, der zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. 2020 scheiterte der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Bundestag mit seinem Versuch, eine Widerspruchslösung einzuführen. Danach wäre jeder automatisch Organspender, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Auch Pilsinger stimmte dagegen.
Die Einführung des Organspenderegisters war als kleinster gemeinsamer Nenner das Ergebnis der Abstimmung Anfang 2020. Der Eintrag in das Register ist bisher als freiwillige Option vorgesehen. Eigentlich sollte das Register bereits Anfang 2022 einsatzbereit sein, der Termin wurde aber wegen technischer Probleme auf das erste Quartal 2024 verschoben.
Die Zahl der Organspenden war 2022 massiv eingebrochen auf 2.795. 2023 stieg die Zahl zwar auf 2.985, was aber lediglich dem Niveau vor der Corona-Pandemie entspricht. Derzeit stehen nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) aber rund 8.400 Schwerstkranke auf der Warteliste.