Plötzlich ist es ganz still in der Kirche. Obwohl eine bunte Gemeinde aus Erwachsenen und Kindern an diesem Gottesdienst teilnimmt, könnte man eine Stecknadel fallen hören. Im großen Kreis stehen alle um den Altar, von dem die Pfarrerin gesagt hat, dass es der Tisch des Herrn ist, an den nun alle eingeladen sind. Zuvor hatte sie in der Predigt vom letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erzählt. Mit dem Auftrag Jesu, dies zu seinem Gedächtnis zu tun, verband sie die Einladung, zur Feier des Abendmahls nach vorne zu kommen und beim Teilen von Brot und Traubensaft an Jesus, seine Worte und sein Tun zu denken.
Kinder erleben das Abendmahl als besonders
„Kinder verstehen doch noch gar nicht, was das Heilige Abendmahl bedeutet“, so wird oft begründet, warum Kinder noch nicht an der Feier des Abendmahls teilnehmen sollen. Oder sogar noch zugespitzt: Sie sollen sich doch nicht „zum Gericht essen“, wie schon im 1. Korintherbrief 11,27-29 die Menschen in Korinth gewarnt werden. Mit der Konfirmation nach dem „kirchlichen Unterricht“ werden alle zum Abendmahl zugelassen und sind eingeladen.
Vermutlich haben die Kinder noch nichts auswendig gelernt, wissen nicht, was in den Katechismen über das Abendmahl steht. Auch können sie wohl nicht in Worte fassen, wie die Gegenwart Christi im Abendmahl zu denken ist. Aber sie stehen zusammen mit den erwachsenen Gemeindegliedern dort am Altar und erleben einen besonderen Augenblick. Sie erleben, dass sie wichtig sind. Sie erleben, dass Gott für alle Menschen da ist. So feiern sie die Nähe Gottes und die Gemeinschaft in der Gemeinde. Ihr Verhalten zeigt, dass auch die Kinder dies als einen besonderen Augenblick erleben.
Und die Situation in Korinth? Wer auf den Zusammenhang sieht, merkt schnell, um welches Problem es in der Gemeinde in Korinth bei der Feier des Herrenmahls ging: In der Gemeinde gab es Spaltungen. Die einzelnen Menschen sorgten sich zunächst darum, dass sie satt wurden, erst danach ging es dann um das Herrenmahl. „Unwürdig“ ist nach Paulus die Art und Weise, wie in Korinth das Herrenmahl gefeiert wurde, nämlich so, dass wegen eigener Interessen andere Gemeindeglieder ausgeschlossen wurden. Nicht der einzelne Mensch war unwürdig, sondern die Art und Weise der „Feier“, die der individuellen Sättigung untergeordnet war.
Projekttag zum Abendmahl mit Kindern
Das Projekt „gottesgeschenk. Mit Kindern neu anfangen“ hat zunächst den Blick auf die Taufe gelenkt. Gemeinsam haben viele Gemeinden und Einrichtungen nach Möglichkeiten gesucht, die Taufe als Geschenk Gottes anzunehmen, „auszupacken“ und in jedem Abschnitt des Lebens zu entdecken.
Um viele Menschen auf diesem Weg mitzunehmen, wurde das Jahr der Taufe gefeiert. An vielen Orten gibt es Tauffeste und Tauferinnerungsfeiern, werden Eltern und Paten bei der Begleitung der Kinder auf dem Weg des Glaubens unterstützt und erinnern sich große und kleine Menschen an ihre Taufe und dieses wunderbare Versprechen der Nähe und Liebe Gottes.
Dabei ist deutlich geworden, dass es für die getauften Kinder wichtig ist, sich als zur Gemeinde dazugehörende Menschen erleben zu können. Sie feiern mit im Gottesdienst, sie sind in den verschiedenen Gruppen und Kreisen der Gemeinde herzlich willkommen, sie werden zu besonderen Anlässen beglückwünscht und erleben Gemeinschaft.
Seit 1990 können Presbyterien in der westfälischen Kirche auch beschließen, dass die getauften Kinder schon vor der Konfirmation nach angemessener Vorbereitung zur Feier des Abendmahls eingeladen werden. Viele Gemeinden machen damit gute Erfahrungen. Kinder erleben in der gemeinsamen Feier des Abendmahls, dass sie dazugehören. So wachsen sie in ein lebendiges Gemeindeleben hinein und erleben Glauben mit allen Sinnen.
Das Projekt „gottesgeschenk. Mit Kindern neu anfangen“ hat sich zum Ziel gesetzt, Presbyterien und Kirchengemeinden zu ermutigen und zu unterstützen, zusammen mit Kindern das Abendmahl zu feiern. Dazu sollen Materialien für Gottesdienste erstellt, Hilfen für die Vorbereitung der Kinder auf die Feier des Abendmahls erarbeitet und eine Plattform für den Austausch guter Erfahrungen bereitgestellt werden.
Dazu findet am 30. Oktober in Haus Villigst unter dem Titel „Kommt her zu mir. Alle. Mit Kindern Abendmahl feiern“ ein Projekttag statt. Den Hauptvortrag an diesem Tag wird Christian Grethlein (Münster) halten. Der promovierte Theologe lehrt an der Universität in Münster. Verschiedene Workshops laden ein, Anregungen für die Abendmahlsfeier mit Kindern mitzunehmen. Am Ende des Tages steht ein Gottesdienst mit Präses Annette Kurschus.
☐ Infos und Anmeldung unter: www.mit-kindern-neu-anfangen.de.