Erprobungsräume gehören heute zum Kirchenalltag wie die Seelsorge und der Gottesdienst. Auch wenn sie keine Austritte oder die Relevanz von Kirche verhindern können, ihr Ideenreichtum und ihre Vielfalt sind nicht mehr wegzudenken. Ein Kommentar von Willi Wild.
Die Idee verdankt sich einer ernüchternden Feststellung der damaligen mitteldeutschen Landesbischöfin Ilse Junkermann: „Die Kirche ist mit ihren Modellen am Ende.“ Anfänglich wurde die These missverstanden. Doch die leitende Geistliche behauptete ja nicht, dass die Kirche am Ende sei, sondern lediglich traditionelle Ausformungen.
In der Folge sind vor zehn Jahren die sogenannten Erprobungsräume entstanden. Experimentelle Projekte, in denen neue Formen von Kirche ausprobiert werden. Im besten Fall sollten die neuen Modelle die alten ablösen oder ergänzen. Inzwischen sind 13 Landeskirchen mit ähnlichen Experimentierfeldern unterwegs. Zielsetzung und Funktion sind die Gleichen.
Großes Potenzial an Ideenreichtum und Vielfalt
Da gibt es das Familienangebot „Kirche kunterbunt“ oder einen Jugendgottesdienst als interaktiven Livestream, das Gemeinschaftsprojekt „Wir sind Nachbarn“, den Pfarrer für eine Plattenbausiedlung oder einen Besuchsdienst für einsame ältere Menschen. Eine mobile Kinder- und Jugendkirche gehört ebenso dazu wie der Gemeindekurator, der Ehrenamtliche in Sachen Kirchenverwaltung anleitet.
Wohl denen, die heute noch sagen können: „Wir brauchen keine Projekte. Bei uns gibt es noch Kirche.“ Sicher verhindern die Erprobungsräume keinen Traditionsabbruch, Austritte und schwindende gesellschaftliche Relevanz von Kirche. Aber die vergangenen zehn Jahre haben ein großes Potenzial an Ideenreichtum und Vielfalt in der Gestaltung geistlichen Lebens offenbart. Ein Hoffnungszeichen. Die Gemeinde Jesu war schon immer ein Erprobungsraum. Zu allen Zeiten brauchte es Mut und Gottvertrauen, neue Wege zu beschreiten.
