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Kollektiv protestiert gegen Absage von Theaterstück über Missbrauch

Unter dem Titel „Kunstfreiheit statt Kirchenlobbyismus“ haben am Donnerstag in Osnabrück Mitwirkende gegen die Absage eines Theaterstücks über sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche demonstriert. „Entscheidend ist, dass die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle nicht verhindert wird“, sagte Karl Haucke, der als Betroffener selbst an dem Stück „Ödipus Exzellenz“ mitgearbeitet hatte, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Intendant Ulrich Mokrusch hätte dies allerdings getan, in der Auffassung, das Publikum vor den Härten des Missbrauchs schützen zu müssen.

Die Produktion war am 31. August als Eröffnungsstück der neuen Spielzeit geplant und wurde laut Stellungnahme des Theaters aufgrund „künstlerischer Differenzen“ abgesagt. Die Aufführung sei als Überschreibung des Texts des antiken Denkers und Dramatikers Seneca geplant gewesen. Inhaltlich ging es den Angaben zufolge um das systemische Versagen der katholischen Kirche und ihrer Repräsentanten sowie die Kritik an diesen. Ein zentrales Anliegen sei es gewesen, den Betroffenen von sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben.

Regisseur Lorenz Nolting sagte gegenüber dem epd, das Stück hätte zeigen sollen, wie die Täter Gebete und liturgische Texte bewusst eingesetzt hätten, um den Missbrauch zu ermöglichen und zu vertuschen. „Wir müssen in unserer Darstellung der katholischen Kirche frei sein.“ Mit der Demonstrationsveranstaltung wolle man auch eine gesellschaftliche Debatte darüber anregen, ob ein Publikum geschützt werden müsse und wie Missbrauchsfälle aufgearbeitet werden sollten.

Das Team habe etwa zwei Wochen für das Stück geprobt, vorausgegangen sei eine längere Recherchearbeit durch Gespräche mit Betroffenen und Autoren von Studien über sexualisierte Gewalt in der Kirche, sagte Nolting. Gemeinsam mit Dramaturgin Sofie Boiten und Betroffenen nahm er am Abend an einer Podiumsdiskussion vor dem Theater teil. Begleitend dazu wurde eine Fotoausstellung gezeigt, die die Perspektive der Betroffenen und Angehörigen in den Mittelpunkt stellt, wie David Farago von der mitorganisierenden Giordano-Bruno-Stiftung erläuterte.

Laut dem Osnabrücker Theater sei das Stück nicht abgesagt worden, um dem Thema Missbrauch in der katholischen Kirche auszuweichen. Vielmehr habe sich an der Frage, wie ein katholischer Gottesdienst auf der Bühne künstlerisch umgesetzt werden sollte, ein grundsätzlicher Konflikt über die Kunstfreiheit des Teams entzündet. Dass Intendant Ulrich Mokrusch seine Position mit dem katholischen Bistum Osnabrück abgestimmt habe, sei eine „völlig haltlose Unterstellung“, hieß es weiter. Das Regie-Team habe die gemeinsame Arbeit verweigert, daraufhin habe das Theater die Zusammenarbeit beendet.