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„Kohle hat die Welt bunt gemacht“

In diesem Jahr schließen die beiden letzten Steinkohlenzechen in Deutschland. Eine große Sonderausstellung im UNESCO-Welterbe Zollverein blickt zurück auf „Das Zeitalter der Kohle“ in Europa – und auf die bleibenden Spuren des Bergbaus

epd

Von Esther Soth

Auf dem Gelände des Welterbes Zollverein in Essen, der ehemals größten Steinkohlenzeche der Welt, präsentieren das Essener Ruhr Museum und das Bergbau-Museum Bochum vom 27. April bis 11. November in einer großen Gemeinschaftsausstellung eine umfangreiche Schau zum „Schwarzen Gold“ und seiner wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bedeutung für Europa. „Die Förderung von Steinkohle mag aufhören, aber die Bewahrung des kulturellen Erbes wird bleiben“, sagte der Leiter des Montanhistorischen Dokumentationszentrums am Bergbau-Museum, Michael Farrenkopf, bei der Präsentation.
Die Ausstellung solle zeigen, wie sehr die Kohle das Leben der Menschen verändert habe, sagte der Freiburger Historiker Franz-Josef Brüggemeier. Ohne Kohle hätte es keine Eisenbahn gegeben, aber auch keine chemische Industrie und damit keine synthetischen Farben: „Kohle hat die Welt bunt gemacht.“ Auch für die europäische Einigung habe die Kohle eine wichtige Rolle gespielt, so Brüggemeier. Die 1951 gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die „Montanunion“, sei die Grundlage für die spätere Europäische Gemeinschaft gewesen.
Die Kohleförderung in den vergangenen 200 Jahren hat vor allem die Abbaugebiete, allen voran das Ruhrgebiet als größtes Bergbaurevier Europas, verändert. „Die Identität der Region ist durch Kohle und Stahl geprägt“, sagte der Direktor des Ruhr Museums, Heinrich Theodor Grütter. Auch das soll die Schau zeigen. Die Industrialisierung ab 1850 ließ die Einwohnerzahlen der vormals kleinen Städtchen und Dörfer in die Höhe schnellen. Zu den Hochzeiten der Steinkohle beschäftigten alleine die Zechen im Ruhrgebiet mehr als eine halbe Million Bergleute.
Die Gemeinschaftsausstellung auf den drei Ebenen des einstigen Kohlenbunkers beleuchtet den Zeitraum von 1750 bis heute. Besucher können zunächst die Funktionsweise des Bergbaus kennenlernen, technische Abläufe und die Arbeitsbedingungen der „Kumpel“, die mehrere hundert Meter unter der Erde bei großer Hitze schuften mussten. Dann geht es um die vielschichtigen Aspekte des Rohstoffs Kohle: Lieferant für Wärme, Licht und Energie, Ausgangsstoff der chemischen Industrie, Motor der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Themen sind auch der Alltag der Bergleute in den Zechensiedlungen mit Knappenvereinen und Taubenzüchtern sowie Konflikte, Arbeitskämpfe und schließlich die Montanmitbestimmung.
Zuletzt widmet sich die Ausstellung dem Erbe des Steinkohlenbergbaus und den Hinterlassenschaften der Kohlenutzung. Dazu zählen Landschaftszerstörung, Bergsenkungen und Kohlendioxidausstoß, der auch nach dem Ende der Steinkohlezechen aktuelles Thema bleibt: Kohlekraftwerke laufen weiter – mit Importkohle. Auch die Folgen des Strukturwandels und die Entstehung der Industriekultur werden thematisiert.
Insgesamt sind rund 1200 Exponate aus den beiden Museen sowie von internationalen Leihgebern zu sehen. Neben einer Dampfmaschine aus den 1780er Jahren gehört dazu etwa ein acht Tonnen schweres Stück Kohle oder ein Wiederbeatmungsgerät für Vögel, die unter Tage als Anzeiger für schädliche Gase eingesetzt wurden.

Die Ausstellung auf dem Essener Zollverein-Gelände sowie die Stoffels-Retrospektive im Ruhr-Museum Essen sind täglich (10-18 Uhr) geöffnet. Information: Telefon (02 01) 2 46 81-4 44, E-Mail: besucherdienst@ruhrmuseum.de. Internet: www.zeitalterderkohle.de, www.ruhrmuseum.de.