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Köln: Kirchen warnen vor Rassismus

Nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln sprechen Kirchenvertreter den Opfern ihr Mitgefühl aus. Rheinische Oberkirchenrätin: „Sexualisierte Gewalt ist kein Import-Produkt”

KÖLN – Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche haben den Opfern der Übergriffe der Silvesternacht ihr Mitgefühl ausgesprochen und eine Verfolgung der Täter gefordert. Zugleich warnten sie vor einer Instru­mentalisierung der Ereignisse für Diskriminierung und Rassismus.
Sexualisierte Gewalt gegen Frauen zu thematisieren, sei wichtig, erklärte Oberkirchenrätin Barbara Rudolph von der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Mich wundert aber, dass die Debatte ausgerechnet bei einem Anlass, bei dem die männlichen Täter als Ausländer und Flüchtlinge identifiziert werden, so heftig geführt wird“, erklärte die Theologin weiter. „Sexulisierte Gewalt gegen Frauen ist kein Import-Produkt.“
Gruppen junger Männer, offenbar vor allem aus dem nordafrikanisch-arabischen Raum, hatten in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof zahlreiche Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Bislang wurden mehr als 500 Anzeigen erstattet.
Auch die evangelische Kirche in Köln und Region zeigte sich „äußerst bestürzt“ über die sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht. „Das sich offenbarende Ausmaß der brutalen und demütigenden Übergriffe gegenüber Frauen und Mädchen ist unfassbar“, sagte der Kölner Stadtsuperintendent Rolf Domning. Er ermutigte Betroffene, sich Hilfe zu suchen, und verwies dabei auf die Angebote der evangelischen Beratungsstellen.
Er hoffe, dass möglichst viele Täter identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte Domning. Sexualisierte Gewalt sei „ein allgemeines und häufig vorkommendes Phänomen unserer Gesellschaft und ist aufs Schärfste anzuprangern, nicht nur dann, wenn der Täterkreis offenbar aus arabisch-nordafrikanischen Herkunftsländern stammt“, betonte er. Sexualisierte Gewalt widerspreche in jeglicher Hinsicht biblisch-ethischen Grundpositionen der Kirche.
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki äußerte sich in einer Ansprache im Kölner Domradio besorgt, dass nun „viele ihr politisches Süppchen aus diesem dunklen Neujahrsbeginn kochen“. Obergrenzenschützer und Populisten nutzten offenbar die Gunst der Stunde. Woelki sagte, es mache ihm große Sorgen, „dass hier bei uns so etwas passieren konnte“, und sein Mitgefühl gehöre allen Opfern dieser Nacht. Die Gewalttäter müssten selbstverständlich zur Verantwortung gezogen werden. Zugleich kritisierte der Erzbischof, dass nun im Internet „üble Hetze und blanker Hass“ verbreitet würden. Diese Äußerungen verstießen gegen die menschliche Würde. epd