Berlin – Gesundheitsexperten sehen die von der Bundesregierung geplante Krankenhausreform in einigen zentralen Punkten kritisch. Vertreter von Medizin, Pflege und Wohlfahrtsverbänden beklagten in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Parlaments eine erhebliche Unterfinanzierung der knapp 2000 Kliniken. Mit der Reform würden die Probleme der Häuser mit ihren rund 1,2 Millionen Mitarbeitenden nicht gelöst, sondern zum Teil verschärft. Begrüßt wurden nach Angaben des Bundestags die stärkere Ausrichtung an der Qualität sowie die Aufstockung des Pfle-gepersonals.
Diakonie: Lücke in der Versorgung schließen
Das Gesetz will Behandlungsqualität und Versorgungssicherheit in den Kliniken verbessern. Die Krankenhausvergütung soll sich künftig an Qualitätsaspekten orientieren. Für die Verbesserung der Pflege soll ein Förderprogramm im Volumen von bis zu 660 Millionen Euro in den Jahren 2016 bis 2018 aufgelegt werden. Ab 2019 sollen dauerhaft 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Auf diese Weise werden laut Bundesregierung voraussichtlich 6350 neue Stellen geschaffen, die nur der „Pflege am Bett“ dienen.
Kritik kam von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Die DKG rügte, den Kliniken würden mehr Mittel entzogen als gegeben. Auch die Investitionsmisere durch die Bundesländer müsse angegangen werden. Die steigenden Personalkosten könnten nicht refinanziert werden. Die Notfallambulanzen seien mit jährlich einer Milliarde Euro unterfinanziert.
Auch der GKV-Spitzenverband sieht ein wesentliches Problem in den rückläufigen Investitionen der Länder. Der Länderanteil an den Krankenhauskosten sei von anfangs mehr als 20 Prozent auf weniger als fünf Prozent geschrumpft. Der Verband warnte zudem vor steigenden Beiträgen wegen des Gesetzes. Die Mehrausgaben könnten schon von 2016 bis 2018 um insgesamt 4,1 Milliarden Euro steigen.
Als unzureichend bezeichnete der Gesundheitswissenschaftler Michael Simon das Pflegestellenprogramm. In den Pflegediensten der Kliniken fehlten mehr als 100 000 Vollkräfte. Simon erinnerte daran, dass zwischen 1997 und 2007 fast 50 000 Vollkräfte abgebaut wurden. Laut Gewerkschaft ver.di haben allein die Pfleger an den Unikliniken rund 2,1 Millionen Überstunden angehäuft.
Nach Ansicht der AOK bringen Vergütungsabschläge für schlechte Qualität keine bessere Versorgung. Dauerhaft schlechte Ergebnisse müssten dazu führen, dass Leistungen gar nicht mehr er-bracht werden dürfen, wie die Bundestagspressestelle berichtete.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) rügte, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen unangemeldete Kontrollen durchführen soll. Dies würde zu einem „Klima des Misstrauens“ führen. Der Verbraucherzentrale-Bundesverband lobte die Orientierung an der Qualität, forderte jedoch mehr Einflussmöglichkeiten für Patienten und Versicherte.