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Finanzieller Balanceakt: Kirchliche Kitas in NRW unter Druck

Kitas in Nordrhein-Westfalen sind “eklatant unterfinanziert”, klagt die Diakonie. Ein Kirchenkreis hat bereits angekündigt, sich von mehreren Kitas zu trennen. Was die Kirche jetzt vom Land fordert.

Kirchliche Kitas in Nordrhein-Westfalen haben mit der Finanzierung zu kämpfen
Kirchliche Kitas in Nordrhein-Westfalen haben mit der Finanzierung zu kämpfenImago / Westend 61

Angesichts einer „eklatanten Unterfinanzierung“ von Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen denken viele evangelische Träger über eine Reduzierung ihres Angebots nach. Sollte die anstehende Novelle des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) keine Lösung zu den Finanzierungsproblemen bringen, sei auch eine Aufgabe von Einrichtungen nicht auszuschließen, sagte der Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, Christian Heine-Göttelmann, dem Evangelischen Pressdienst (epd). So hatte der Kirchenkreis Siegen im Februar angekündigt, 11 seiner 56 Kitas zum 31. Juli kommenden Jahres abzugeben.

Eine große Belastung für die Träger sei die um 18 Monate verzögerte Anpassung der vom Land gezahlten Kindpauschalen an die tatsächlichen Preissteigerungen, sagte der Diakonie-Vorstand. Die Kitas müssten etwa höhere Personalkosten in dieser Zeit selbst finanzieren und bekämen diesen Finanzaufwand später nicht ausgeglichen. Dies gehe zulasten der Liquidität der Träger. Heine-Göttelmann verlangt eine Abschaffung oder drastische Reduzierung der zeitlichen Verzögerung.

Diakonie fordert: Kinderbildungsgesetz neu auflegen

Eine Neufassung des Kinderbildungsgesetzes muss zum 1. August 2026, dem Beginn des Kindergartenjahres 2026/27, in Kraft treten. Daher müsste laut Fachleuten so bald wie möglich ein Gesetzentwurf in den Düsseldorfer Landtag eingebracht werden. Bisher liege aber noch nichts vor.

Auch die im Gesetz bisher festgelegten Trägeranteile – für kirchliche Träger liegen diese bei 10,3 Prozent der Pauschale – sollten künftig entfallen oder deutlich vermindert werden, fordert Heine-Göttelmann. Jede Erhöhung der Kindpauschale führe nach dem bisherigen System auch zu höheren Trägerkosten. Zwar übernähmen manche Kommunen freiwillig Trägeranteile, doch litten auch viele Städte und Kreise unter Finanznot.

Für die Deckung von Sachkosten der Kitas erwarten die Träger nach den Worten des Theologen einen Aufschlag von 25 Prozent auf die Personalkosten. De facto seien etwa im Jahr 2024 nach Finanzierung der Personalkosten nur noch vier Prozent der Pauschale für Sachkosten übrig geblieben.

Kitas als “Nahtstelle” zwischen Kirche und Gesellschaft

Evangelische Kirchenkreise und Gemeinden wollten auch in schwieriger Lage grundsätzlich an ihren Kitas festhalten, betonte Heine-Göttelmann. In NRW gehören 1.750 der rund 11.000 Kindergärten zur verfassten Kirche und ihrer Diakonie. Sie seien eine „sehr wichtige Nahtstelle“ zwischen Kirche und Gesellschaft und ermöglichten den Zugang zu jungen Menschen. Dabei gehe es um religiöse Fragen ebenso wie um Sinnstiftung, Wertevermittlung, gesellschaftliche Teilhabe, Bildung und Demokratie. Die Kitas leisteten auch einen Beitrag zum sozialen Ausgleich.

Ein größerer Rückzug evangelischer Träger werde nur erfolgen, wenn die Finanznot so groß werde, dass keine andere Wahl mehr bleibe, versicherte der Diakonie-Vorstand. Evangelische Kindergärten hätten eine fast 250-jährige Tradition. „Sich davon zu trennen, wäre für uns ein sehr schwieriger Schritt“, sagte Heine-Göttelmann.