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Kirchen sind sich einig

Kirchenvertreter äußern tiefes Bedauern über die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, und bekräftigen ihren Einsatzwillen für ein geeintes und solidarisches Eruopa

Berlin/BRÜSSEL/London/ROM Nach der Entscheidung für einen Brexit hat die Kirche von England die Briten zur Einheit aufgerufen. Die Kampagnen vor dem Referendum hätten Menschen auf beiden Seiten verletzt, hieß es in einer Erklärung der Erzbischöfe von Canterbury, Justin Welby, und von York, John Sentamu. Doch als Bürger des Vereinigten Königreichs „müssen wir nun vereint handeln, um uns der Aufgabe zu widmen, ein großherziges und vorwärts gewandtes Land zu schaffen, das zu menschlichem Gedeihen auf der ganzen Welt beiträgt“, schrieben die beiden Spitzenvertreter der anglikanischen Kirche.
Der Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), Christopher Hill, äußerte sein tiefes Bedauern über die Entscheidung. Der Brite erklärte laut einer KEK-Mitteilung in Brüssel, er bedauere zudem die Art und Weise, wie die „Brexit“-Kampagne geführt worden sei. Hill, ein Geistlicher der Kirche von England, beklagte, dass die Kampagne der EU-Gegner zuweilen hysterische Züge angenommen habe.  So seien beim Thema Migration die Fakten oft ausgeblendet worden. Die KEK werde aber weiter das Forum sein, in dem sich die britischen Christen einbringen können.
Papst Franziskus rief dazu auf, den bei der Volksbefragung geäußerten Willen der britischen Wähler zu achten. Das Ergebnis erfordere großes Verantwortungsbewusstsein, „um das Wohl des Volks Großbritanniens und das Wohl des Zusammenlebens des gesamten europäischen Kontinents zu garantieren“, sagte er nach Angaben von Radio Vatikan.
Repräsentanten der deutschen Protestanten äußerten ihr tiefes Bedauern über den Brexit und betonten zugleich, dass die Kirchen in Deutschland und Großbritannien weiterhin zusammenarbeiten würden. In ihrem internationalen ökumenischen Netzwerk würden die Kirchen sich „weiter für ein geeintes und solidarisches Europa einsetzen“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm in Berlin.
Der „Geist der Versöhnung“ werde durch den politischen Schritt nicht berührt, teilte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister mit, Vorsitzender der „Meissen Kommission“. 1991 hatten die EKD und die Kirche von England die „Meissener Erklärung“ unterzeichnet mit dem Ziel, „nach einer sichtbaren Einheit zu streben“. Auch nach dem Brexit würden beide Kirchen „weiterhin alles dafür tun, um unsere Kirchen und die Menschen in unseren Ländern enger zusammenzubringen“, sagte Meister.
Die beiden anglikanischen Bischöfe Welby und Sentamu forderten ihre Landsleute auf, gastfreundlich und barmherzig zu bleiben und Brücken zu bauen. Viele Ausländer wie Arbeitskollegen, Nachbarn und Freunde seien nun verunsichert. Zudem riefen sie dazu auf, für Premierminister David Cameron und für die weiteren Staats- und Regierungschefs der EU zu beten. Während des Wahlkampfs hatte sich die Kirche von England stark zurückgehalten und keine offizielle Kirchenposition veröffentlicht.
Nach Einschätzung des evangelischen deutschen Auslandspfarrers Ulrich Lincoln in London hatten die britischen Kirchen vor der Abstimmung eher hilflos agiert: „Die Spaltung verläuft auch inner­halb der Kirchen. Da wird man nicht viel machen können.“ Der Brexit-Beschluss sei „eine Katas­trophe“, sagte er. Zudem seien viele Deutsche verunsichert, zumal es während des Wahlkampfs starke ausländerfeindliche Tendenzen gegeben habe.
Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Bedford-Strohm wies auf Meldungen hin, wonach vor allem junge Menschen gegen den Austritt aus der EU gestimmt hatten. Das sei „eine besondere Verpflichtung, in unserem Engagement nicht nachzulassen“, sagte Bedford-Strohm und ergänzte: „Für mich ist die Jugend die Hoffnung Europas.“epd