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Kirchen lehnen weitere Lockerung des Sonntagsschutzes ab

Die Landesregierung plant Ausnahmen bei der Sonntagsöffnung. Deshalb will die Kirche das Gespräch mit der Politik suchen.

Einkaufen am Sonntag – das soll künftig seltener möglich sein
Einkaufen am Sonntag – das soll künftig seltener möglich seinMelinda Armbruester-Seybert / Fotolia

Hannover. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen sind gegen eine weitere Lockerung des Sonntagsschutzes. Zwar begrüßten sie, dass die rot-grüne Landesregierung mit einem neuen Ladenöffnungsgesetz mehr rechtliche Klarheit schaffe wolle, sagte die Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Kerstin Gäfgen-Track, dem epd. Über den Gesetzesentwurf wollten die Kirchen jedoch zunächst mit allen Landtagsfraktionen sowie der Landesregierung sprechen.
Die bisherigen Regelungen sorgten aus Sicht der Kirchen für einen guten Ausgleich zwischen der Sonn- und Feiertagsruhe und den Interessen des Einzelhandels, sagte Gäfgen-Track. "Wir werden nun prüfen, ob dieser Entwurf den Schutz und die bisherige Balance der unterschiedlichen Interessen noch wahrt."

"Freiraum zum Innehalten"

Der am Dienstag vorgelegte Entwurf sieht wie bisher grundsätzlich vier Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntag pro Jahr und Gemeinde vor. Zusätzlich soll es aber eine weitere Genehmigung pro Jahr für einzelne Verkaufsstellen sowie eine Öffnungsmöglichkeit je Stadtbezirk geben, wenn diese Öffnung kommunalen Entwicklungszielen dient. Dem Entwurf zufolge soll eine Öffnung der Geschäfte an allen Feiertagen künftig ausgeschlossen sein. Dasselbe gelte für den 27. Dezember, wenn dieser auf einen Sonntag falle.
Der Sonntag sei für viele Menschen mehr als freie Zeit, sagte Gäfgen-Track. "Der Sonntag steht in besonderer Weise dafür, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern auch von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen." Trotz aller Veränderungen in seiner Gestaltung werde dieser Tag als Freiraum zum Innehalten und zur Begegnung mit Familie und Freunden wertgeschätzt. "Je mehr Ausnahmen es gibt, desto mehr Menschen sind auch am Sonntag in die scheinbar unaufhaltsame Dynamik von Arbeit und Konsum eingebunden."

Kritik von ver.di

Die Gewerkschaft ver.di hatte den Kabinettsentwurf heftig kritisiert. Die geplante Ausweitung der Öffnungszeiten bei kommunalem Interesse bedeute eine Verschlechterung des bestehenden Gesetzes, hieß es: "Diese neue Regelung trägt nicht zur Beruhigung bei und öffnet die Tür für einen weiteren Missbrauch der Sonntagsöffnung." Weitere Rechtsstreitigkeiten seien damit programmiert.
Eine Reform des niedersächsischen Ladenschlussgesetzes war nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Hannover erforderlich geworden. Das Verwaltungsgericht hatte im vergangenen Jahr zwei geplante verkaufsoffene Sonntage in der hannoverschen Innenstadt gekippt und damit einer Klage von ver.di Recht gegeben. Die Gewerkschaft hatte argumentiert, die Öffnung der Läden verletze die Sonntagsruhe. Ausnahmegenehmigungen müssten sich auf eine ganze Stadt und nicht nur auf einzelne Stadtteile beziehen. (epd)