Mit Appellen, Mut und Hoffnung nicht sinken zu lassen, haben sich leitende Theologinnen und Theologen der beiden großen christlichen Kirchen zu Weihnachten an die Öffentlichkeit gewandt. Die Amokfahrt von Magdeburg vier Tage vor Heiligabend kam mehrmals zur Sprache.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, sagte an Heiligabend mit Blick auf den Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, er wolle „der Gewalt und dem Terror nicht den Sieg lassen“. Die Hoffnung auf Frieden und ein Ende der Gewalt erscheine möglicherweise naiv, räumte der leitende Theologe der zweitgrößten Landeskirche laut Predigttext ein, der an Heiligabend in der Justizvollzugsanstalt Remscheid sowie in der Salvatorkirche in Duisburg predigte. Doch wenn Menschen sich von der Hoffnung verändern ließen, könne sie wahr werden.
Der katholische Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, zeigte sich in seiner Weihnachtspredigt am Heiligabend im Liebfrauendom laut seinem vorab vom Erzbistum verbreiteten Predigttext erschüttert über den Anschlag von Magdeburg: „Welch’ sinnlose Grausamkeit, welch’ eine Wahnsinnstat!“ Die Amoktat vom vergangenen Freitag nähre „Angst, Zweifel und Hoffnungslosigkeit“. Marx rief die Menschen aber auch dazu auf, „im Dickicht von Hass und Polarisierung“ die Augen aufzumachen und Brücken der Versöhnung zu bauen.
Im ARD-Weihnachtsgottesdienst rief die Kölner Pfarrerin Miriam Haseleu zu Zuversicht trotz Krisenzeiten auf. Es gebe genug Gründe, sich in der Welt zu fürchten, die manchmal aus den Fugen zu geraten scheine, „wie wir es gerade wieder erleben mussten“, sagte die evangelische Theologin in dem an Heiligabend ausgestrahlten Fernsehgottesdienst aus der Lutherkirche Köln-Nippes mit Blick auf die Amokfahrt von Magdeburg. In ihrer Fürbitte gedachte die Theologin der Überlebenden und Toten des Anschlags.
Die Theologin, die Mitglied in der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, erklärte in der Christvesper unter dem Motto „Die Nacht, in der alles möglich ist“, auch die Engel der biblischen Weihnachtsgeschichte „singen nicht in einer heilen Welt“. Doch die Worte der Engel „Fürchtet euch nicht“ und „Frieden auf Erden“ stünden für die Zuversicht, dass es anders werden könne.
Der theologische Vizepräsident der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, rief zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf und warnte vor Schuldzuweisungen gegen Fremde und Flüchtlinge. Im Wahlkampf sei zu erleben, wie mit Angst gespielt werde, sagte Schlüter als kommissarischer Leiter der Landeskirche in seiner auf der Internetseite der westfälischen Kirche veröffentlichten Botschaft. Schuldzuweisungen auf Fremde, Flüchtlinge, „Faule“ oder eine sogenannte Elite rissen die Gesellschaft in Stücke.
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki bezeichnete die Geburt Jesu als göttliches Friedenszeichen. „Mit der Geburt seines Sohnes hat Gott seine große Friedensoffensive in der Welt begonnen“, sagte Woelki laut Manuskript in seiner Weihnachtspredigt im Dom in der Nacht von Heiligabend. Damit sich die Botschaft für Frieden verbreiten könne, seien jedoch die Menschen zum Mittun im eigenen Umfeld aufgerufen.
Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz warnte nach dem Anschlag in Magdeburg vor vorschnellen Schuldzuweisungen und Hass. „Gerade jetzt kommt es darauf an, dass wir den Ressentiments und den Ängsten nicht die Macht überlassen“, sagte Bentz an Heiligabend in der Christmette im Paderborner Dom. „Als weihnachtliche Menschen glauben wir fest: Gottes ‘Fürchte dich nicht!’ ist jetzt wichtiger denn je“, sagte der Erzbischof laut Redetext.