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Kirchen beurteilen Bestattungsgesetz unterschiedlich

Die Kirchen in Sachsen-Anhalt beurteilen die geplante Reform des Bestattungs- und Friedhofsgesetzes unterschiedlich. Die katholische Kirche sieht insbesondere Pläne der Landesregierung kritisch, künftig Bestattungen im Leichentuch generell zu gestatten. Angesichts der Kulturtradition im Land müsse eine sarglose Bestattung der Ausnahmefall bleiben, sagte der Leiter des Katholischen Büros in Sachsen-Anhalt, Stephan Rether, am Mittwoch bei einer Anhörung im Landtag in Magdeburg.

Beim Thema Tuchbestattung gebe es ein Spannungsfeld zwischen der kulturellen christlich geprägten Identität des Gemeinwesens und der Offenheit gegenüber anderen Kulturen, sagte Rether. Er sprach sich dafür aus, eine Bestattung im Tuch ausschließlich bei Verstorbenen zuzulassen, deren religiöse Tradition diese Bestattungsform vorsieht, insbesondere bei Muslimen. Erforderlich müsse dabei sein, „dass der Verstorbene Mitglied einer allgemeinverbreiteten oder anerkannten Weltreligion war“.

Dem widersprach der Beauftragte der evangelischen Kirchen, Oberkirchenrat Albrecht Steinhäuser. Bei dieser Verfahrensweise müsste es eine Instanz geben, die beurteile, ob ein Verstorbener beispielsweise Muslim gewesen sei und die Tuchbestattung religiösen Motiven folge, betonte er. Es sei jedoch bedenklich, diese Beurteilung einer staatlichen Behörde zu überlassen.

Dem Friedhofsträger soll laut dem Gesetzentwurf der Landesregierung in begründeten Fällen ein Widerspruchsrecht gegen die Bestattung in Tüchern eingeräumt werden. Hier forderte Steinhäuser eine präzisere Regelung. Im Gesetzentwurf sei nicht geregelt, wie dieses Recht in der Praxis ausgeübt werden solle, kritisierte er.

Die Landesregierung hatte im April ihren Entwurf für eine Reform des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen vorgelegt. Neben der Aufhebung der Sargpflicht sieht die Novelle auch eine verpflichtende Bestattung von sogenannten „Sternenkindern“, also Tot- oder Fehlgeburten vor, die von beiden Kirchenvertretern ausdrücklich begrüßt wurde. Zudem soll eine zweite Leichenschau künftig bei allen Bestattungsformen verpflichtend sein.

Mit dem Gesetz soll auch das Aufstellen von Grabsteinen verboten werden, die möglicherweise aus Kinderarbeit stammen. Rether sagte, ein Bestattungsgesetz sei hierfür kein ausreichendes Instrument. Mit einer Bundesratsinitiative könnten jedoch Handelsbeschränkungen auf den Weg gebracht werden. Zugleich könne die Entwicklungszusammenarbeit mit betroffenen Staaten gefördert werden.

Der Vorschlag in einem zweiten Gesetzentwurf der oppositionellen Grünen, auch Bestattungen außerhalb von Friedhöfen zuzulassen, wurde von beiden Kirchenvertretern zurückgewiesen.
Bei der Anhörung wurde auch das Thema der sogenannten „Reerdigung“ diskutiert, bei der ein Leichnam in einem Kokon bestattet wird und sich innerhalb von etwa 40 Tagen auf natürliche Weise zu Erde zersetzen soll. Sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche gebe es dazu unterschiedliche Auffassungen, hieß es.