Halt geben in Krisenzeiten: Das ist die Aufgabe der Kirche nach Auffassung der EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich. Viele Menschen fühlten sich durch Dauerkrisen wie die Corona-Pandemie, den Krieg gegen die Ukraine, die Klimakrise und den Terror der Hamas überfordert, sagte die EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich am Montag in Bad Herrenalb. In der Kirche könnten sie „Halt in aller Unsicherheit, Beheimatung in aller Ruhelosigkeit und Hoffnung in aller Aussichtslosigkeit entdecken“. Heinrich sprach bei der Herbsttagung der Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden, die bis Donnerstag in Bad Herrenalb (Kreis Calw) tagt.
Evangelische Kirche sei dort wahrnehmbar, wo Menschen in Kontakt mit ihr träten, so Heinrich. Das geschehe vor Ort in der Kirchengemeinde, in den verschiedenen Arbeitsfeldern oder bei der Diakonie. Dort würden Themen aufgegriffen, die Menschen berührten, ihnen Halt und Orientierung gäben sowie Mut und Hoffnung schenkten. Sie rief zum Mut für Veränderungen auf: „Die Kirche der Zukunft können wir selbst bestimmen.“
Die Kirche müsse sich bewegen, damit die Kirche eine Zukunft hat„, sagte Synodalpräsident Axel Wermke am Mittag vor Journalisten. Auch in Baden sei “nichts in Stein gemeißelt”, sagte er mit Blick auf den landeskirchlichen Doppelhaushalt, der am Donnerstag verabschiedet werden soll. Darin machten sich die geringeren Kirchensteuereinnahmen bemerkbar. Nach neuesten Schätzungen stünden sogar künftig pro Jahr 10 Millionen Euro weniger zur Verfügung als bereits erwartet.
Thema der Synode war am Montag auch der Umgang mit Betroffenen von Missbrauch. Hier will die badische Landeskirche künftig noch sensibler sein. „Im Umgang mit sexuellem und spirituellem Missbrauch müssen wir selbstkritischer hinsehen“, sagte die badische evangelische Landesbischöfin Heike Springhart.
Bei Missbrauch gehe es primär um Macht, Machtmissbrauch und Abhängigkeit und „letztlich um die Verletzlichkeit des Lebens“, sagte die Bischöfin. Das Thema sollte bereits im universitären Leben und Lehren stärker wahrgenommen und Studierende sensibilisiert werden, sagte die Theologin, die auch an der Universität Heidelberg lehrt.
Zuvor hatte die Kirchenhistorikerin Ute Gause (Bochum) das anonymisierte Beispiel eines badischen Pfarrers vorgestellt, der zahlreiche Übergriffe begangenen hatte. Hinweise waren von der Kirchenleitung jahrelang nicht beachtet worden.
Das Phänomen der sexuellen Übergriffigkeit und des Missbrauchs stelle die Kirchen ungeachtet der Konfession vor gravierende Probleme, sagte Gause. Die Idealisierung der Kirche als Familie und als Gemeinschaft habe dazu geführt, dass Machtausübung verdeckt worden sei. Opfer hätten häufig ihre Missbrauchserfahrungen nicht thematisieren können.