Artikel teilen

NRW: Kirche und Diakonie bilden Verbund zur Aufarbeitung

Die evangelischen Kirchen und die Diakonie in Nordrhein-Westfalen haben den ersten von bundesweit neun Verbünden zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gegründet. Wie der Verbund arbeiten soll.

Zwischen der Unabhängigen Kommission und dem Betroffenenbeirat gibt es Streit
Zwischen der Unabhängigen Kommission und dem Betroffenenbeirat gibt es StreitImago / Steinach

Die evangelischen Kirchen und die Diakonie in Nordrhein-Westfalen haben den ersten von bundesweit neun Verbünden zur Aufarbeitung Missbrauch in den eigenen Reihen gegründet. Spitzenvertreter der rheinischen, westfälischen und lippischen Landeskirche sowie der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) unterzeichneten in Wuppertal eine entsprechende Erklärung. Der „Verbund West“ soll die unabhängige Aufarbeitungskommission für diese Region errichten, die sich vom Niederrhein bis an die Saar erstreckt. Der Kommission sollen vom Staat benannte Experten, Betroffene sowie Vertreter von Diakonie und Landeskirchen angehören.

Evangelische Kirche und Diakonie hatten sich im Dezember gegenüber der Missbrauchsbeauftragten des Bundes zu einheitlichen Standards der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt und zur Gründung unabhängiger regionaler Aufarbeitungskommissionen verpflichtet. Diese Kommissionen seien ein wichtiger Bestandteil für eine standardisierte und umfassende Aufarbeitung aller Fälle, sagte Diakonie-Vorständin Kirsten Schwenke: „Wir stehen zu unserer Verantwortung und verpflichten uns zu einheitlichen Standards der Prävention und der Transparenz, zu einheitlichen Anerkennungsverfahren und zu einem einheitlichen Prozess im Umgang mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.“

Kommission aus Missbrauchsbetroffenen und Experten

Die Geschäftsstelle der Kommission in der Region West soll bei der Diakonie angesiedelt sein und im Frühjahr eingerichtet werden. Die Kommission soll sieben Mitglieder haben: zwei Missbrauchsbetroffene sowie unabhängige Experten aus Wissenschaft, Justiz oder öffentlicher Verwaltung und Vertreter von Kirche und Diakonie. Eine Mehrheit muss von Kirche und Diakonie unabhängig sein. Die Experten werden von der NRW-Landesregierung benannt und die Betroffenen von einer noch zu bildenden Betroffenenvertretung. Dazu ist für Juni eine offene Forumsveranstaltung geplant.

Die Kirchenvertreter hoben die Bedeutung der Betroffenen für die Missbrauchsaufarbeitung hervor. „Grundlegend ist stets die Teilhabe der Betroffenen“, sagte der Vizepräses der rheinischen Kirche, Christoph Pistorius. „Es geht immer darum, ihr erlittenes Leid und widerfahrenes Unrecht anzuerkennen.“ Der Theologische Vizepräsident der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, betonte, es gebe „keine Aufarbeitung ohne die Perspektive und das verantwortliche Mitwirken von Betroffenen“.

Ende Januar hatte ein von der EKD beauftragter Forschungsverbund (Forum) seine Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie vorgelegt. Ermittelt wurden mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte.