Der Passauer Bischof Stefan Oster gehörte immer wieder zu den prominenten Besuchern beim „Marsch für das Leben“ in München, der vom Verein „Stimme der Stillen“ jährlich organisiert wird und sich gegen Schwangerschaftsabbrüche und Sterbehilfe richtet. In diesem Jahr ist er zwar nicht offiziell dabei, formulierte aber ein Grußwort und dankte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den „kompromisslosen Einsatz für den unbedingten Schutz des menschlichen Lebens“. Am Freitag kam ein Grußwort des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke dazu.
Hanke nimmt zumindest indirekt auf, was andere Organisationen seit Jahren scharf kritisieren: die Teilnahme von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren an der Demonstration. Man müsse darauf achten, dass das Anliegen „nicht von Gruppen gekapert wird, die den Einsatz für den Lebensschutz für andere politische Zwecke instrumentalisieren, die wir weder als freiheitlich-demokratische Staatsbürger und schon gar nicht als gläubige Christen gutheißen können“, schreibt Hanke.
Das Münchner Bündnis „Gemeinsam gegen Rechts“ formuliert es in einer Pressemitteilung deutlicher. Der „Marsch für das Leben“ sei eines der größten Events der rechten Szene in München und diene als Plattform für fundamentalistisch-christliche, konservative und extrem rechte Akteure, um gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu demonstrieren, teilte es mit. Es sehe in diesem Marsch „eine ernsthafte Bedrohung für die reproduktiven Rechte und die allgemeinen Menschenrechte“.
Die AfD nutzt den „Marsch für das Leben“ immer wieder als Plattform, läuft öffentlichkeitswirksam mit. Gegen genau diese Partei hat die Deutsche Bischofskonferenz im Februar mit einer Erklärung deutlich Stellung bezogen. „Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern“, können für Christinnen und Christen „kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar“, steht in dem Statement. Auf eine Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd), wie diese Überzeugung mit dem Engagement von katholischen Bischöfen, Klöstern und einigen Kirchengemeinden für den „Marsch für das Leben“ zusammenpasst, antwortete der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, nicht.
Das Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg, katholischer Bildungsträger im Bereich der Jugend- und Erwachsenenbildung, rät auf Anfrage davon ab, an der Demonstration teilzunehmen. Es kritisiert mangelnde Bemühungen der Veranstalter, sich von Teilnehmenden aus dem radikal und extrem rechten Spektrum abzugrenzen.
Das Münchner Bündnis „Gemeinsam gegen Rechts“, in dem sich unter anderem „München ist bunt“, „Fridays For Future“, „Pro Choice“ und das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ engagieren, ruft zur Teilnahme an Gegendemonstrationen auf. Der Kampf für reproduktive Rechte sei nicht nur eine Frage der individuellen Entscheidungsfreiheit, sondern auch ein Kampf gegen antifeministische, queer- und transfeindliche Ideologien, schreibt „Pro Choice“.
Insgesamt 4.500 Teilnehmende sind zu den Gegendemonstrationen am Odeonsplatz und in der Katharina-von-Bora-Straße angemeldet. Der Verein „Stimme der Stillen“ erwartet auf dem Königsplatz laut Polizeiangaben bis zu 8.000 Menschen zum „Marsch für das Leben“. (00/1179/12.04.2024)