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Kirche soll Demokraten gegen Rechtsextreme den Rücken stärken

Nein zur AfD – das haben die katholischen Bischöfe sehr deutlich gesagt. Jetzt müsse die Kirche aber auch Menschen den Rücken stärken, die von Rechtsextremisten eingeschüchtert würden, fordert ein Wissenschaftler.

Die katholischen Bischöfe ernten für ihre Grundsatzerklärung gegen Rechtsextremismus und AfD viel Zustimmung. Die AfD hielt der Kirche hingegen “billige Wahlkampfmanöver” vor.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, rief indessen alle Bischöfe, aber auch jeden einzelnen Christen auf, sich an Demonstrationen gegen alle Arten von Extremismus zu beteiligen. Dort immer wieder Gesicht zu zeigen, stehe ihnen “gut zu Gesicht” und sei auch für die anderen Demonstrierenden sehr wichtig, sagte der Limburger Bischof am Freitag bei RTL:

Die Bischöfe hatten am Donnerstag die bei ihrer Vollversammlung einstimmig verabschiedete Grundsatzerklärung “Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar” veröffentlicht. Darin hatten sie ausdrücklich die AfD genannt und damit erstmals eine im Bundestag vertretene Partei als nicht wählbar für Christen charakterisiert. Natürlich bleibe aber die Stimmabgabe bei einer Wahl eine persönliche Gewissensentscheidung, fügte Bätzing hinzu.

Zugleich rief er dazu auf, klar und entschieden gegen alle Formen der Judenfeindlichkeit – ob von rechts oder links – vorzugehen: “Wir haben bisher immer gesagt ‘Antisemitismus hat in unserem Land keinen Platz’, wir müssen aber wahrnehmen: Er nimmt sich seinen Platz, unverhohlen.” Gerade seit dem “entsetzlichen terroristischen Überfall der Hamas” vom 7. Oktober sei es erschreckend, zu beobachten, was alles geäußert werde in Deutschland. Das müsse dringend unterbunden werden und dürfe wirklich keinen Platz haben – erst recht nicht mit Blick auf die deutsche Geschichte.

Der Berliner Politikwissenschaftler Henning Flad forderte die Kirche auf, die demokratischen Kräfte gegen Rechts zu unterstützen. Das Papier zeige eine klare Distanzierung von rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Tendenzen, sagte der Projektleiter der “Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche + Rechtsextremismus” am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

Flad unterstrich, dass die Kirche diese Position jetzt auch im Alltag offensiv umsetzen sollte. Es gebe insbesondere im ländlichen Raum in Ostdeutschland zahlreiche Kommunalpolitiker und engagierte Menschen, die wegen ihres Einsatzes für Demokratie und gegen Rechtsextremismus bedroht und eingeschüchtert würden. “Aus meiner Sicht ist die Unterstützung eines Bischofs für diese Menschen wichtiger als seine Teilnahme an einer Großdemonstration am Brandenburger Tor.”

Flad ermunterte die Kirche zudem zu einer intensiven, auch theologischen Auseinandersetzung mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Es gehe dabei auch um rechte Strömungen, die christliche Symbolik und christliche Traditionen für sich nutzten. So sei die Parole von der “Rettung des christlichen Abendlandes” die wichtigste rechtsextreme Parole der letzten zehn Jahre. “Das sind Vereinnahmungsversuche, die zurückgewiesen werden müssen.”

Zur Frage, ob AfD-Mitglieder sich ehrenamtlich oder hauptamtlich in der Kirche engagieren dürften, sagte Flad: “Es kann eine wichtige Normsetzung bedeuten, AfD-Mitgliedern die Mitarbeit in kirchlichen Gremien zu verwehren.” Jedoch müsse der Kern der Auseinandersetzung eine inhaltliche sein, und auch eine selbstkritische Komponente enthalten. “Die Kirchen müssen sich auch mit ihrem eigenen Rassismus auseinandersetzen, und ihrem Antijudaismus.”

Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Stephan Brandner sprach demgegenüber von billigem Wahlkampfmanöver. “Die Kirchenfürsten sollten sich daran erinnern, wofür die katholische Kirche seit etwa zweitausend Jahren steht. Und das war bestimmt nicht, auf ehrlichen, unbequemen Bürgern herumzutrampeln”, erklärte am Freitag. Brandner warf den Bischöfen vor, in eine “Polithetze gegen die einzige Opposition einzustimmen”. Der stellvertretende Bundessprecher ist nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten.