Die Leiterin des Fachbereichs Kindertagesstätten in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Sabine Herrenbrück, hat Arbeitgeber dazu aufgefordert, sich „viel stärker für eine Stabilität in der Kinderbetreuung“ einzusetzen. Gerate der Betreuungsbereich ins Schlingern, wirke sich das letztlich auch auf die Planbarkeit von Personal in den Unternehmen aus, sagte Herrenbrück im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Man weiß nicht sicher, wer morgen im Labor stehen kann, wenn eine Grippewelle in der Kita womöglich auch die letzten zwei Erzieherinnen erwischt hat“. Die Fachbereichsleiterin hat mehr als 600 Kitas, rund 9.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie etwa 42.000 Kinder in Hessen und Rheinland-Pfalz im Blick.
In Sachen Fachkräftemangel seien die nächsten fünf Jahre entscheidend: „In dieser Zeit muss ein Drittel unserer Kräfte aufgrund von Verrentung ausgetauscht werden“, sagte Herrenbrück. „Wir hatten noch nie so viele Arbeitsplätze und Stunden in den Soll-Stellen-Plänen wie jetzt, die Kitas können sie aber nicht besetzen.“
Neben der Verrentung sei problematisch, dass Azubis nicht nachkommen, Fachkräfte das Feld verlassen und Erzieherinnen und Erzieher, die in Elternzeit sind, aufgrund „des Betreuungsplatzmangels nicht wieder in den Beruf zurückkommen können“. Bereits jetzt seien in Kitas Öffnungszeiten reduziert und Gruppen geschlossen worden. Die Eltern hätten „bis zu einem gewissen Grad Verständnis“, sagte Herrenbrück. „Deren Arbeitgeber allerdings nicht. Das ist der springende Punkt.“
Die Fachbereichsleiterin begrüßt, dass sich die künftige hessische Landesregierung aus CDU und SPD vorgenommen hat, die Anwerbung von Erzieherinnen und Erziehern aus dem Ausland zu intensivieren. „In der Tat müssen die Prozesse der Anerkennung ausländischer Abschlüsse unbedingt beschleunigt werden, da hier noch Potenzial ist“, sagte Herrenbrück. Zu bedenken sei aber auch, dass die vorhandenen Fachkräfte die Einsteiger begleiten, einarbeiten und betreuen müssen. „Deshalb kommt es darauf an, unter Berücksichtigung der Ressourcen in den Kitas vorzugehen, sonst wird das Fachpersonal noch zusätzlich belastet“, erklärte Herrenbrück, die im Koalitionsvertrag der designierten Regierungsparteien „neue Impulse“ vermisst.
Die Fachbereichsleiterin wies außerdem deutlich zurück, dass in Kitas „aufgrund des Fachkräftemangels keine Pädagogik“ mehr stattfinde. Dieses Narrativ habe sich unter Fachkräften aufgebaut und finde Echo-Kammern. „Vielleicht kann man in einer Phase des Personalmangels weniger gezielte Projekte machen, aber Pädagogen sind auch dann noch Experten für Lebensalltagsgestaltung und Bildungsarbeit mit Kindern“, sagte Herrenbrück.