Artikel teilen

Kiew-Korrespondent: Ukrainer bleiben entschlossen

Der Ukraine-Korrespondent der ARD und Leiter des Studios Kiew, Vassili Golod, hat von einer entschlossenen Haltung großer Teile der ukrainischen Bevölkerung berichtet. „Ich staune über ihre Widerstandskraft“, sagte Golod auf Einladung des Vereins Netzwerk Journalismus am Freitagabend im Frankfurter PresseClub. Viele Menschen seien von dem inzwischen eineinhalb Jahre währenden Angriffskrieg Russlands und dem Bombardement der Städte traumatisiert. Dennoch antworteten Ukrainerinnen und Ukrainer auf Fragen, sie seien entschieden, ihre Freiheit und ihre Souveränität zu verteidigen.

Befragte gäben zur Antwort, sie wollten nicht umsonst im Winter 2013/2014 auf dem Majdan für Demokratie und Europa demonstriert und ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, sagte Golod. Viele seien kriegsmüde in dem Sinn, dass sie sagten, sie seien es müde, Angst zu haben. Sie wollten versuchen, trotz möglicher Lebensgefahr so normal wie möglich zu leben. Jeder blicke aber bei Geräuschen am Himmel sofort auf das Handy, um zu prüfen, ob es Warnungen vor Raketen, Drohnen oder Bomben am eigenen Standort gebe.

Den Krieg Russlands betrachteten viele Bewohner der Ukraine als Versuch eines Genozids, berichtete der ARD-Korrespondent. Sie sähen die fortwährenden Angriffe auf Zivilisten, die Verschleppung Tausender Kinder und die Leugnung einer eigenständigen ukrainischen Nation durch die russische Regierung vor dem Hintergrund des „Holodomor“, der Aushungerung der Ukraine durch die Regierung Stalins Anfang der 1930er Jahre.

Die politische Opposition in der Ukraine werde wieder zunehmend aktiv, berichtete Golod. Sie habe erreicht, dass die ursprünglich aus Sicherheitsgründen untersagte Berichterstattung aus dem Parlament wieder erlaubt sei. Präsident Wolodymyr Selenskyj sei für seine scharfen Worte über den Nato-Gipfel im Juli von vielen im Land kritisiert worden. Die Parteien seien sich allerdings einig, dass die eigentlich im nächsten Jahr anstehende Präsidentschaftswahl nach dem geltenden Recht im Kriegszustand nicht stattfinden werde.

Golod sprach im Rahmen eines Talks anlässlich der Gründung des Vereins „Netzwerk Journalismus“ am selben Tag in Frankfurt am Main. Der Verein wolle jungen Menschen den Berufsweg in den Journalismus ebnen, erklärte der Vorsitzende, der Leiter der Hörfunkschule Frankfurt und Chefredakteur des Medienhauses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Andreas Fauth.