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Kermani wirbt für genaue Betrachtung der Religionen

SCHIEDER – Der Autor und Orientalist Navid Kermani hat für eine differenzierte Betrachtung von Islam und Christentum geworben. In den Vorstellungen sei ein starres Christentum auf der einen und ein starrer Islam auf der anderen Seite verankert, sagte der diesjährige Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels bei den Internationalen Autorentagen im lippischen Schieder-Schwalenberg. Die islamischen Mystiker hätten beispielsweise mehr mit den christlichen und jüdischen Mystikern zu tun, als mit den islamischen Philosophen, sagte Kermani.
Der Chefdramaturg der Volksbühne in Berlin, Carl Hegemann, erklärte, dass Religion besonders angesichts des Todes an Bedeutung gewinne. „Ohne Tod gibt es keine Religion“, sagte Hegemann. Derzeit werde der Tod in der Gesellschaft eher verdrängt. Das Christentum sei die einzige Religion, in der Gott durch seinen Sohn gestorben sei. Der gestorbene Gott biete dem Sterbenden eine Identifikationsmöglichkeit. Das funktioniere nur im Christentum, das gebe es in der islamischen Religion nicht.
Der Büchner-Preisträger und Kritiker von Papst Franziskus, Martin Mosebach, erklärte, Gott sei aus Liebe gestorben. Liebe wolle wiedergeliebt werden. „Dazu gehört die Freiheit, sich dagegen zu entscheiden“, sagte der Frankfurter Autor. Das Liebeskonzept funktioniere nicht ohne diese Freiheit. Der Mensch müsse die Möglichkeit haben, sich gegen Gott zu entscheiden.
Das Werk des Autoren und Orientalisten Navid Kermani stand im Mittelpunkt der internationalen Autorentage. Kermani diskutierte unter anderem mit Gästen aus Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte zentrale Themen seines Werkes. Der in Siegen geborene und in Köln lebende Autor studierte Islamwissenschaften, Philosophie und Theaterwissenschaft und lebt jetzt als freier Autor. epd