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Kardinal Marx warnt vor Herrschaftsfantasien: “Wir sind nicht Gott”

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx warnt davor, einen scheinbar abwesenden Gott durch Verschwörungstheorien, Nationalismen oder Herrschaftsfantasien zu ersetzen. Eine vollkommene Welt, eine Politik, die alle Probleme löse, eine Wissenschaft, die alles Leiden beseitige – „das ist ein Irrweg. Denn: Wir sind nicht Gott“, sagte der Kardinal in seiner Karfreitagsbotschaft laut vorab verbreiteter Mitteilung vom Mittwoch. „Die Gefährdungen bleiben, und sie hängen zusammen mit der Vorstellung des gekreuzigten Gottes am Karfreitag, auf den dann eben kein Ostern folgt, keine Auferstehung, keine lebendige Erfahrung eines Gottes, der den Tod endgültig besiegt“, sagte Marx.

Die Gesellschaft dürfe nicht beim Tod Gottes, der sich mit dem Sterben Jesu am Kreuz vollziehe, stehenbleiben, mahnte der Erzbischof. „Es wäre eine Leerstelle, wenn es nur beim Karfreitag bliebe. Denn dann hätten wirklich Gewalt und die Durchsetzung der Macht, auch mit ungerechten Mitteln, das letzte Wort.“ Solange der Horizont Gottes sichtbar bleibe, „solange sind wir auch vor der Versuchung gefeit, die scheinbare Leerstelle auszufüllen mit uns selbst, unseren Ideen und unseren Ideologien“. Gott sei mit dem Kreuzestod Jesu in den Abgrund der Sünde der Welt hineingegangen – bis zum Tod. „Aber dieser Abstieg ist eben auch der Wendepunkt, der uns neu hoffen lässt.“ (1323/16.04.2025)