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Kardinal Kasper: Kein Konsens bei Frauenfrage

Der langjährige Kardinal Walter Kasper begrüßt die Debatte um den Umgang mit Frauen und Homosexualität in der Kirche. Aber Einheit und Konsens sieht er nicht.

Die Stellung von Frauen in der Gesellschaft und in der Kirche ist nach Ansicht von Kardinal Walter Kasper zu “einem Megathema” geworden. Und es müsse dringend weiter diskutiert werden, sagte der 92-Jährige in einem Interview der Juniausgabe des Magazins “Cicero” (Donnerstag). In vielen Ortskirchen und auch in Rom habe sich vieles getan, und Frauen übernähmen Aufgaben, die zuvor nur Klerikern erlaubt waren, so Kasper.

Zugleich erinnerte er an die Rolle des Papstes in dieser Frage: “Es ist freilich falsch, zu meinen, der Papst könne, wenn er nur wolle, allein entscheiden, ob in Zukunft auch für Frauen der Zugang zum Priesteramt möglich ist.” Für solche grundlegenden Fragen brauche der Papst einen globalen, theologisch begründeten moralischen Konsens in der Gesamtkirche, sagte der Kardinal. “Ein solcher Konsens ist nicht nur unter den Bischöfen, sondern auch unter den Gläubigen und Theologen nicht absehbar.” Auch in Deutschland gebe es weiter Zustimmung wie Ablehnung.

Bei der Frage der Homosexualität hat sich aus Sicht Kaspers in der westlichen Welt in den vergangenen Jahrzehnten ein Wandel vollzogen, der weitgehend zum Respekt unterschiedlicher Orientierungen geführt habe. “Dies hat sich aber weder in der katholischen Kirche im Westen noch in anderen Kulturen durchgesetzt”, meinte der Kardinal. Als Beispiel nannte er die afrikanische Kirche. Dort sei das Thema der Vielehe viel virulenter. Die Kirche müsse diese Spannungen aushalten. Sie müsse sich der Moderne stellen, aber nicht unreflektiert dem Zeitgeist anpassen.

Nach Kaspers Einschätzung wollte Papst Franziskus beim Thema Zölibat und dem Zugang zum Priesteramt Lockerungen vorantreiben, aber auch keinen Bruch oder Riss der Kirche riskieren. “Meine Einschätzung ist, dass Franziskus durchaus etwas ändern wollte, aber der emeritierte Papst Benedikt hat damals zusammen mit Kardinal Robert Sarah erfolgreich interveniert”, sagte Kasper. Der 92-Jährige ist emeritierter Kurienkardinal und ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen.