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Jüdische Verbände kritisieren Linke für Antisemitismus-Definition

Wo fängt Antisemitismus an? Seit Jahren gilt die IHRA-Definition als der Gradmesser für Judenhass. Die Linke entschied sich nun für eine alternative Definition. Die Reaktion jüdischer Verbände folgt prompt.

Jüdische Organisationen haben die Linke für die Annahme einer neuen Definition von Antisemitismus kritisiert. Dass die Partei bei ihrem Parteitag die sogenannte Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus angenommen habe, zeige “einen radikalen Kern der Partei, der – getrieben von Israelhass – dazu beiträgt, den Antisemitismus unserer Zeit zu verschweigen”, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, am Sonntag in Berlin.

Bei ihrem Bundesparteitag am Samstag hatte sich die Linke für die Annahme der Jerusalemer Erklärung von 2020 entschieden. Sie differenziert vor allem beim Thema des israelbezogenen Antisemitismus. So sei es zwar antisemitisch, Jüdinnen und Juden kollektiv für das Verhalten Israels verantwortlich zu machen. Boykotte gegen Israel, zu denen etwa die pro-palästinensische BDS-Bewegung aufruft, seien es allerdings nicht.

Gleichzeitig wies die Linke die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zurück. Diese sei “ein massives Einfallstor für autoritäres, staatliches Handeln”, so die Partei in ihrem Beschluss. “Damit hat sich die Definition auch in diesem Sinne zu einem repressiven Instrument entwickelt, um unliebsame Kritik und politischen Protest zu verhindern.”

Der Zentralrat der Juden weist diese Kritik an der IHRA-Definition zurück. Sie benenne Antisemitismus in seinen konkreten Ausformungen, betonte Schuster. “Es geht nicht um eine theoretische, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Antisemitismus. Die IHRA-Definition ist ein Instrument, das dabei hilft, Antisemitismus zu erkennen, und wird von fast allen demokratischen Staaten der Welt anerkannt.” Das Erkennen und Benennen sei die Voraussetzung dafür, Antisemitismus bekämpfen zu können.

Auch der jüdische Verein WerteInitiative verurteilte die Entscheidung der Linken. Mit der Annahme der Jerusalemer Erklärung “öffnet die Partei israelfeindlicher Agitation unter dem Deckmantel der Kritik die Tür – und entzieht sich damit der Verantwortung, jüdisches Leben und jüdische Perspektiven wirksam zu schützen”, erklärte der Vereinsvorsitzende Elio Adler. Die Linke instrumentalisiere dadurch Antisemitismus für ihre Zwecke. “Für unseren Verein ist unter diesen Umständen keinerlei Kooperation mit der Partei Die Linke möglich”, betonte Adler.