Offen ausgelebter Judenhass: Die Antisemitismusbeauftragte von NRW warnt in ihrem Jahresbericht vor Gefahren für das jüdische Leben im bevölkerungsreichsten Bundesland. Besonders betroffen seien Hochschulen.
Die Zahl judenfeindlicher Straftaten ist in Nordrhein-Westfalen laut dem aktuellen Antisemitismusbericht deutlich gestiegen. 2024 wurden in NRW 695 Fälle verzeichnet und damit 148 mehr als im Vorjahr, wie die Landesbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Sylvia Löhrmann, am Montag in Düsseldorf mitteilte. Auch Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze wuchsen demnach in diesem Zeitraum an: von 664 auf den neuen Höchststand von 940. Laut Löhrmann nahmen 2024 zudem antisemitische Straftaten bundesweit um rund ein Fünftel zu; sie beliefen sich auf 6.236 Fälle.
Die Landesbeauftragte warb dafür, sich die Bedeutung der Zahlen für jüdische Menschen vor Augen zu führen. Wohnhäuser von Juden würden markiert und beschmiert, in jüdischen Restaurants Fensterscheiben eingeschlagen und Veranstaltungen mit jüdischem Kontext abgesagt. Viele Menschen hätten Angst davor, sich offen als jüdisch zu zeigen. “Auf den Straßen, an Universitäten, im Kulturbereich wird Antisemitismus offen artikuliert und propagiert; in sozialen Netzwerken kennt Judenhass keine Grenzen”, so Löhrmann. Jüdinnen und Juden dürften mit diesen Problemen nicht allein gelassen werden. Der Kampf gegen Antisemitismus sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Besonders deutlich war der Anstieg antisemitischer Straftaten laut Bericht an den Hochschulen. Jüdische Studenten und Professoren erlebten immer wieder Bedrohung und Mobbing. Zudem habe es im vergangenen Jahr aggressive propalästinensische Stimmungen und Protestcamps gegeben. Löhrmann empfiehlt den Hochschulen, Antisemitismusbeauftragte zu berufen und Anlaufstellen für Betroffene einzurichten.