Erwartungen an Fortschritte haben sich zerschlagen: Nach wie vor können 20 Prozent der Deutschen kaum lesen. Wissenschaftler sehen Gründe für die Entwicklung.
Entgegen Erwartungen hat der Anteil von Menschen mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten in Deutschland nicht abgenommen. Er stagniert bei 20 Prozent, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Analyse der Universität Hamburg hervorgeht. Dies seien 10,6 Millionen Erwachsene zwischen 16 und 65 Jahren. Dabei sei 2018 noch mit einem positiven Trend bei der Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenzen in Deutschland gerechnet worden, so die Studie.
Die Hochschule wertete nach eigenen Angaben Daten aus der Bildungsvergleichsstudie “PIAAC 2023”, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), aus und verglich sie mit einer selbst im Jahr 2018 durchgeführten LEO-Studie zur Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsenen. Die LEO-Studie habe bis 2018 einen signifikant positiven Trend für die Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenzen in Deutschland ausgewiesen, so die Wissenschaftler. Stagniert sei die Entwicklung wegen multipler Krisen zwischen 2018 und 2023, etwa der Pandemie.
Auch im internationalen Vergleich ließen sich überwiegend stagnierende oder negative Trends beobachten, hieß es. So zeige sich für Österreich, dass der Anteil der Erwachsenen mit geringen Lese- und Schreibfähigkeiten von 16 Prozent im Jahr 2012 auf 27 Prozent im Jahr 2023 deutlich gestiegen sei.
Anke Grotlüschen, Professorin für Lebenslanges Lernen und Leiterin der LEO-Studien sowie der “LEO PIAAC 2023”-Sonderanalyse, betonte, Lesen und Schreiben seien wichtig sei für demokratische Teilhabe. “Lese- und Schreibkompetenzen sind notwendig, um Informationen kritisch zu hinterfragen und zu einer durchdachten politischen Meinung zu kommen”, so die Erziehungswissenschaftlerin.