Ein Hauch von Kirchentag wehte diese Woche durch Triest. In der norditalienischen Stadt fand die 50. katholische Sozialwoche statt. Zum Abschluss des Treffens kam der Papst. Seine Themen: Migration und Demokratie.
Für den Papst schien alles auf den Beinen – und alles stillzustehen: Das italienische Zugpersonal streikte an diesem Sonntag, und auch der Schiffsverkehr am Hafen von Triest war eingestellt. Doch Franziskus kam per Helikopter in die geschichtsträchtige Stadt im Nordosten Italiens. Anlass seines Besuchs von knapp viereinhalb Stunden: Die 50. Sozialwoche der italienischen Katholiken unter dem Motto “Im Herzen der Demokratie”.
Schon vor sieben Uhr früh zogen Menschen scharenweise zum zentralen Platz der Stadt, deren herrschaftliche Architektur und Dichte an großen Banken und Versicherungen von wirtschaftlicher Prosperität künden. Um kurz vor acht zeigte sich dann der weiße Vatikan-Hubschrauber am leicht bewölkten Himmel. Vor dem Kongresszentrum am Alten Hafen wurde Franziskus unter anderen von Kardinal Matteo Zuppi begrüßt, dem Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz. Sie hatte die Sozialwoche organisiert.
Die Erwartung, dass Franziskus sich vor den 1.200 Teilnehmern zur gesellschaftlichen Rolle der Katholiken in Italien äußern würde, erfüllte der Papst: Er ermutigte sie, sich – wieder – stärker in die Politik einzubringen, verwies auf ihren historischen Beitrag zum Aufbau der Demokratie in dem Land und auf die Kompetenz der Kirche als Ort für politische Bildung und Teilhabe.
Beim anschließenden Gottesdienst ging er auf die Rolle Triests beim Thema Migration ein. Denn das traumhafte Touristenziel an der oberen Adria bildet zugleich den italienischen Endpunkt der Balkan-Fluchtroute. Viele der ankommenden Migranten sind unbegleitete Minderjährige.
“Seid offen und gastfreundlich”, sagte Franziskus bei der Messe auf der Piazza Unita d’Italia, vor der malerischen Kulisse des offenen Meeres. Von Triest aus, einem Knotenpunkt der Völker und Kulturen, “befeuern wir den Traum einer neuen Zivilisation, die auf Frieden und Brüderlichkeit basiert”, sagte er in seiner immer wieder von Beifall unterbrochenen Predigt.
Bis zur Uferpromenade standen Stühle, dennoch fanden nicht alle Platz, die den Papst sehen wollten. Gegen die stechende Sonne, die auch Franziskus zusetzte, wie er bei der Predigt bekannte, hatte man weiße Käppis mit dem Motto der Sozialwoche “Al Cuore della Democrazia” (Im Herzen der Demokratie) verteilt.
Das bunte Logo zierte auch die vielen weißen Pavillons wenige hundert Meter von der Piazza entfernt. Hier präsentierten sich seit Mittwoch katholische Vereinigungen, die im Sozialbereich aktiv sind: eine Art Kirchenmeile samt Bühnen für Diskussionen und Konzerte.
Die Tage hier seien ein Erfolg gewesen, so Rafaele von “Finetica”, der für die Laufkundschaft ein Schlückchen “Lacryma Christi” im Plastikbecher bereithielt. Der Wein stammt aus der Nähe von Neapel, wo Finetica sich für Menschen einsetzt, die von der Mafia erpresst werden. “Dass wir hier in Triest unsere Arbeit bekannter machen konnten, ist gerade in diesen Zeiten wichtig und motivierend”, sagt Rafaele.
Zustimmung auch von Maurizio von “Kayros”, das Sozialprogramme für jugendliche Straftäter bietet: “Wir haben hier vor allem Networking betrieben, was sehr wertvoll ist.” Am Papst schätze er vor allem seine Menschlichkeit und seine klaren Worte.
Daran ließ es Franziskus nicht fehlen. Er erinnerte an das Schicksal von Kranken, Gefangenen, Migranten und Notleidenden. Das Altarmosaik hatten Häftlinge aus Triest gestaltet.
Schon Wochen vorher hatte der Papstbesuch Folgen für die Migranten in Triest. Denn die heruntergekommenen Lagerhallen am Hafen, wo Menschen zwischen Müll und Ratten hausten, wurden im Frühjahr auf Geheiß der Stadtverwaltung geräumt, die Migranten umgesiedelt.
Zwischen Tagungszentrum und Gottesdienst traf der Papst Geflüchtete und Menschen mit Behinderungen, Vertreter aus Wissenschaft, Politik und den 16 hier ansässigen Glaubensgemeinschaften. Und dann begegnete der 87-Jährige noch einer Frau, die vom Alter her seine Mutter sein könnte: Maria aus Triest, die es auf stolze 111 Jahre bringt. Im Austausch für den Rosenkranz, den Franziskus ihr schenkte, gab es gewiss Tipps fürs hohe Alter.