Kroatischer Trüffel hat die Welt erobert: Restaurants in Deutschland servieren ihn ebenso wie in Dubai und Miami. Das war nicht immer so, wie eine Trüffelexpertin verrät.
Man liebt ihn oder man hasst ihn. Dazwischen ist bei Trüffel wenig Spielraum. Für Radmila Karlic ist die Sache klar: Die Kroatin hat den Pilz zu ihrem Stammbaum hinzugefügt. Auf der Halbinsel Istrien, wo Trüffel als “istrisches Gold” gehandelt wird, ist sie Trüffelsammlerin in zweiter Generation. Auch ihre erwachsenen Kinder sind inzwischen ins Familiengeschäft eingestiegen.
Trüffel-Burger, Trüffel-Steak, Trüffel-Gin – in den Restaurants der beliebten Urlaubsregion steht “Tartufi” ganz oben in den Speisekarten. Etwa zehn Tonnen produzieren die Trüffeljäger von Istrien, die eine behördliche Lizenz brauchen, jedes Jahr. Über Menge und Größe entscheidet die Regensaison.
“Der größte Trüffel, den ich gefunden habe, wog 270 Gramm. Mein Vater fand vor vielen Jahren einen 800-Gramm-Trüffel”, erzählt Karlic. Wer einen Weißen Trüffel von solcher Größe finde, habe den Jackpot geknackt. Zwar schwanke der Marktpreis von Tag zu Tag um mehrere hundert Euro. Doch dürfe man für eine solche Riesenknolle, genannt Joker, mit etwa 6.000 Euro rechnen. “So einen Trüffel findet ein Sammler nur einmal im Leben.”
Erdig, irgendwie nach Knoblauch duftet er. Kein Wunder, dass die Bewohner von Istrien die Knolle, die sie vor zirka 200 Jahren unter der Erde fanden, als “stinkige Kartoffel” bezeichneten. Der wahre Wert offenbarte sich ihnen erst, als Italiener auch in Istrien nach Trüffel zu suchen begannen. Sie kannten die Pilze aus dem Piemont.
Natürlich sei es nach heutigem Maßstab “verrückt”, die Delikatesse als “stinkig” zu verunglimpfen, meint Karlic. In ihrem Privatwald nahe der nordkroatischen Stadt Buzet hat ihre Familie mehrere Trüffelsorten kultiviert. Dazu pflanzte sie an die 3.000 Eichen und Haselnussbäume, die an ihren Wurzeln Trüffelsporen trugen. Bis sich daraus erntereife Pilze entwickeln, dauert es mehrere Jahre.
Der Wald ist sein Gebiet: Mit Stiefeln und Spaten ausgerüstet, streift Trüffelsucher Benjamin Skoric über die schattigen Hügel. Statt mit Freunden Fußball zu spielen, ging der heute 25-Jährige von früher Kindheit an mit dem Großvater auf Trüffelsuche. “Pokasi!”, dröhnt seine Stimme durch den Wald: “Zeig mir!” Immer wieder holen sich seine beiden Hunde ein Leckerli mit Trüffelgeschmack ab. Die Fährte ist aufgenommen.
Und tatsächlich: Schon nach wenigen Minuten schlagen sie an. Ein weiteres Trüffel-Leckerli für den Hund und Skoric beginnt mit dem Spaten zu graben. Vorsichtig, denn wird ein Weißer Trüffel durch Hund oder Sammler beschädigt, verliert er bis zu 90 Prozent seines Werts. Diesmal ist es einerlei. Zum Vorschein kommt eine mickrige Knolle, längst nicht die Qualität, die Restaurants verlangen. Die bekommt der Hund zum Fressen. “Man gibt ihnen einen, sie bringen dir 50. Das ist gute Mathematik”, so Skoric. Gesund für Hund und Mensch, gar lebensverlängernd sei der Trüffel außerdem.
Zurück bei den Karlics in der Küche: “Die Menschen hier in Istrien sind verwöhnt mit gutem Essen”, sagt Ivana Karlic Ban – und rührt in einem gigantischen Trüffel-Omelette. Als besondere Delikatesse gilt das Trüffel-Steak vom istrischen Boskarin-Rind, eine inzwischen seltene Rasse, die durch Nachzucht vor dem Aussterben bewahrt werden soll. Auch Pferdesteak mit Trüffel soll gut schmecken. “Für mich aber bleibt das beste Gericht Rührei mit schwarzem Trüffel. Manchmal auch Pasta mit weißem Trüffel”, schwärmt Mutter Radmila Karlic. Aber im Grunde sei es einfach: “Mit Trüffel schmeckt jedes Gericht besser.”
Auf der Halbinsel Istrien erlebt der Trüffel seit einigen Jahren einen regelrechten Boom. Trüffel-Öl, Trüffel-Likör, Trüffel-Salami – im Karlic-Shop ist fast alles erhältlich. Auch Touristen nimmt die Familie inzwischen mit auf die Suche und zur Verkostung eines dreigängigen Trüffelmenüs.
Marketing-Genies waren die Trüffelsammler von Istrien schon immer. Das zeigte sich schon lange vor Social Media, als sie ihre Weißen Trüffel an Berühmtheiten in aller Welt verschickten. Marilyn Monroe soll eine der frühen Influencerinnen gewesen sein, die kroatischen Trüffel als Geschenk erhielten. Die “stinkige Kartoffel” von einst ist zum Kommerzprodukt und Touristenmagneten geworden. Bei den Karlics behält sie den sympathischen Beigeschmack von Familienbetrieb.