Israels Präsident rügt das Vorgehen des höchsten UN-Gerichts mit scharfen Worten. Persönlich “angewidert” durch “verdrehte” Zitate, warf er Den Haag vor, sich der Ritualmordlegende schuldig zu machen.
Der israelische Präsident Isaac Herzog hat den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angegriffen. Allein, dass das höchste UN-Gericht seine Anhörung zur Völkermord-Anklage Südafrikas gegen Israel am Vorabend des Internationalen Holocaust-Gedenktages durchführe, “ist eine Blutlüge, die die Werte untergräbt, auf denen dieser Gerichtshof aufgebaut wurde”, sagte er laut Mitteilung seines Büros bei einer Veranstaltung in seiner Jerusalemer Residenz am Sonntagabend.
“Blutlüge”, auch Ritualmordvorwurf oder -legende genannt, ist ein historischer Begriff, der sich auf falsche Beschuldigungen gegen Juden bezieht, die teils antisemitische Gewalt auslösten.
Den Krieg Israels im Gazastreifen bezeichnete Herzog als “eine außergewöhnlich gerechte Kampagne” eines “demokratischen, moralischen und verantwortungsbewussten Staates Israel” für die Rückkehr israelischer Geiseln aus dem Gazastreifen und die Wiederherstellung der Sicherheit Israels. Angesichts der Hamas, die Israel “nicht nur vom Angesicht der Erde tilgen wollte, sondern tatsächlich ein brutales Massaker anzettelte, um es zu vernichten”, setze Israel im Einklang mit dem Völkerrecht sein uneingeschränktes Recht auf Selbstverteidigung um, so Herzog.
“Angewidert” zeigte er sich “von der Art und Weise, wie sie meine Worte verdrehten”. Vor Gericht seien unvollständige Zitate von ihm verwendet worden. Er habe in der betreffenden Ansprache auf die Unterstützung der Zivilbevölkerung in Gaza für die Hamas hingewiesen, gleichzeitig aber betont, dass unschuldige Zivilisten, die es auch im Gazastreifen gebe, “in keiner Weise als Ziel gelten”. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass Hamas “für ein furchtbares Verbrechen gegen die Menschlichkeit” sowie für das Leid ihres eigenen Volkes verantwortlich sei.
Herzog hatte nach dem 7. Oktober vor Medienvertretern Fragen nach dem Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, dem Kriegsvölkerrecht und einer israelischen Kollektivstrafe gegen die Gazabevölkerung zurückgewiesen. Im Gazastreifen gebe es einen Staat, der eine “Maschine des Bösen direkt vor unserer Haustür” errichtet habe mit einer gesamten Nation, die verantwortlich sei. Die Rhetorik von unwissenden Zivilisten sei nicht wahr. “Sie hätten aufstehen können und gegen das böse Regime kämpfen können, das Gaza in einem Staatsstreich übernommen hat.”
Der IGH hatte am Freitag von Israel unter anderem verlangt, umgehend Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung in Gaza zu ergreifen und humanitäre Hilfe zuzulassen. Der Internationale Gerichtshof entsprach damit in Teilen den Forderungen Südafrikas. Der Beschluss ist völkerrechtlich bindend, allerdings gibt es kaum eine Möglichkeit, ihn durchzusetzen. Bis zum Beginn des Hauptsacheverfahrens kann es mehrere Monate dauern.