Artikel teilen:

Immer mehr Stimmen fordern Waffenruhe im Gazastreifen

Die humanitäre Krise im Gazastreifen ruft immer mehr Gegenstimmen auf den Plan. Auch der Bundeskanzler und der höchste Vertreter der katholischen Kirche in Nahost stimmen in den Chor derer ein, die einen Feuerstopp verlangen.

Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ruft immer mehr Gegenstimmen auf den Plan. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) teilte am Samstag mit, er habe sich am Morgen in einem ausführlichen Telefonat mit dem französischen Staatspräsidenten und dem britischen Premierminister über den Kurs in der Nahost-Politik abgestimmt. “Es gab große Übereinstimmung mit Emmanuel Macron und Keir Starmer”, so Merz weiter. Man werden in den kommenden Tagen die nächsten Schritte sehr eng koordinieren. Schon am Vorabend hatten die drei Regierungschefs in einer gemeinsamen Erklärung ein Ende der “humanitären Katastrophe” in Gaza verlangt.

Auch der höchste Vertreter der katholischen Kirche in Nahost stimmte in den Chor derer ein, die einen Feuerstopp fordern. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, verlangte ein Ende des Gaza-Krieges. Er könne nicht beurteilen, ob der jüngste Beschuss der katholischen Kirche von Gaza ein militärische Fehlleistung gewesen sei, sagte Pizzaballa (Freitagabend) im ZDF heute journal. Die einfache Lösung sei aber, den Krieg zu beenden.

Der höchste katholische Kirchenvertreter in der Region hatte zuletzt Gaza besucht. Er habe sich dort “machtlos und hilflos gefühlt”, sagte er. Die Nahrungsmittel seien aufgebraucht; überall gebe es lange Schlangen. Die Menschen seien zu unterernährt, um selbst noch Blut spenden zu können. So seien auch keine Bluttransfusionen für Kranke und Verletzte mehr möglich. Vielen Menschen hätten einfach alles verloren.

Angesprochen auf den Vorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Palästina als Staat anzuerkennen, sagte Pizzaballa: Das palästinensische Volk “wünscht sich ein Ende dieses Krieges; aber sie möchten auch einen Ort haben, an dem sie zu Hause sein können”. Die römisch-katholische Kirche habe Palästina schon seit langem als Staat anerkannt. Der Kardinal wörtlich: “Wir können uns nicht nur beschweren – wir müssen etwas tun.” Dazu gehöre auch, weiter diplomatischen Druck aufzubauen.

Auch das katholische Hilfswerk Misereor forderte eine sofortige Waffenruhe. Diese könne die Grundlage für einen dauerhaften Frieden in Israel und den palästinensischen Gebieten sein, erklärte Hauptgeschäftsführer Andreas Frick (Samstag) in Aachen. “Die Lage in Gaza ist ein Albtraum – und ein politisches Versagen auf ganzer Linie”, so Frick.

“Als Organisation, die an der Seite der von Gewalt und Hass betroffenen Menschen in Israel und in den Palästinensischen Gebieten steht, erinnern wir bei Misereor unmissverständlich daran: Aus der historischen Verantwortung unseres Staates ergibt sich die Pflicht, das Völkerrecht kompromisslos zu wahren.” Diese Verantwortung werde derzeit massiv verletzt. Frick kritisierte eine zu “zurückhaltende Positionierung” der Bundesregierung.

Diese hatte am Freitag mitgeteilt, anders als Frankreich Palästina zumindest vorerst nicht als Staat anerkennen zu wollen. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, eine Anerkennung könne nur einer der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung sein. Israels Sicherheit habe für die Bundesregierung übergeordnete Bedeutung. Dauerhaft könne nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen.

Misereor forderte unter anderem, unverzüglich sämtliche Grenzübergänge zum Gazastreifen zu öffnen, damit humanitäre Hilfe in den Küstenstreifen gelangen könne. Auch dürften Rüstungsexporte nach Israel nicht genehmigt werden, “wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden könnten”.