Hamburg. Immer mehr Obdachlose werden Opfer von Gewalttaten. Das berichtet die Hamburger Straßenzeitung "Hinz&Kunzt" in ihrer Juni-Ausgabe unter Berufung auf Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA). Demnach sind in Hamburg im vergangenen Jahr 64 Gewalttaten gegen Obdachlose behördlich registriert worden, so die Zeitung. Es ist die höchste Zahl seit Beginn der BKA-Statistik im Jahr 2012, als die Ermittler 56 Gewaltdelikte gegen Obdachlose registrierten, darunter Brandanschläge, Körperverletzungen und Vergewaltigungen.
Bundesweit stiegen diese Gewalttaten im gleichen Zeitraum rasant an: Von 258 Taten im Jahr 2012 auf 592 in 2017. Das sei ein Zuwachs von 120 Prozent in fünf Jahren. Und dies seien nur die Fälle, von denen die Polizei erfuhr. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, wie "Hinz&Kunzt" berichtet.
Vorurteile gegen Obdachlose
Der Leiter des Bielefelder Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung, Andreas Zick, sagte der Zeitung, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung Vorurteile gegenüber Obdachlosen hegt. "Man möchte Obdachlose nicht sehen", sagte er. Und aus Vorurteilen könne Handeln entstehen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Auch gegen Flüchtlinge sei die Gewaltbereitschaft gestiegen, sagte Zick. Das wirke sich auch auf Obdachlose und andere gesellschaftliche Randgruppen aus.
Zick plädiert für geförderte Programme, die Obdachlose und Menschen mit Wohnung zusammenbringen, um Vorurteile abzubauen: "Entweder macht unsere Gesellschaft da ein bisschen mehr, oder wir müssen uns nicht wundern, wenn wir Gewalt sehen." Die Kriminologin Daniela Pollich von der Kölner Fachhochschule für öffentliche Verwaltung spricht sich zudem für Reaktionen aus der Zivilgesellschaft auf die Gewalttaten aus: "Die Gesellschaft sollte sich deutlich dazu verhalten", sagte sie. Das könnte manche Täter davon abhalten, zuzuschlagen. (epd)