Rund ein Jahr nach Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes haben in Hessen und Rheinland-Pfalz bereits Hunderte Menschen nach dem neuen vereinfachten Verfahren ihr Geschlecht amtlich ändern lassen. Abgelehnt wurden Anträge nur in wenigen Einzelfällen, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in den größten Städten der beiden Länder ergab. Allein in Frankfurt wurden seit der Gesetzesreform über 440 Erklärungen auf einen Wechsel des Geschlechtseintrags entgegengenommen, davon 189 unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes Ende 2024.
Bislang seien in Frankfurt vier Erklärungen förmlich abgelehnt worden, teilten die Behörden mit. In allen Fällen seien die gewählten neuen Vornamen der Ablehnungsgrund gewesen. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden änderte das Standesamt die Einträge zu 226 Personen. In Kassel wurden 203 Erklärungen beurkundet, während sich in Darmstadt seit Inkrafttreten des Gesetzes 135 Personen ihren Geschlechtseintrag ändern ließen. „Mehrere Anmeldungen wurden abgelehnt, da die gewünschte Namensführung nicht möglich war“, teilte auch die dortige Stadtverwaltung mit. „Nach Änderung der gewünschten Namensführung konnte dem Antrag letztlich entsprochen werden.“ In Fulda wurden bisher 83 Änderungen beurkundet.
In Rheinland-Pfalz verzeichnete die Landeshauptstadt Mainz im Zeitraum bis Mitte September mit 179 Personen die höchste Fallzahl. Darunter gab es auch mehrere Antragsteller, die keine deutschen Staatsbürger sind. Im Landesvergleich gab es die zweitmeisten Fälle in Trier mit rund 120 Beurkundungen. Deutlich weniger vorgenommene Änderungen trotz größerer Einwohnerzahl registrierten die Städte Ludwigshafen (51 Fälle) und Koblenz (83). In Kaiserslautern erwirkten 63 Personen eine Änderung des Eintrags im örtlichen Standesamt.
In den befragten Kommunen wechselten annähernd gleich viele Personen von einem männlichen Geschlechtseintrag zu einem weiblichen wie umgekehrt. Eine Selbstbezeichnung als „divers“ oder die Streichung der Geschlechtsangabe wählten deutlich weniger Menschen.
Das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ war 2024 noch vor dem Bruch der Ampel-Koalition vom Bundestag verabschiedet worden. Es löste das bis dahin geltende Transsexuellengesetz ab und ermöglicht es allen Menschen, ihren Geschlechtseintrag und die Vornamen in amtlichen Dokumenten durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen. Die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen muss mit drei Monaten Vorlauf beim Standesamt angemeldet werden. Sie kann nach Ablauf der Bedenkfrist beurkundet werden.