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Hier kommt eine mobile Kirche zu den Menschen

Ein Pastor will nicht warten, bis die Menschen zu ihm in die Kirche von Bargstedt (Niedersachsen) kommen. Er fährt selbst raus – und ein alter Bauwagen hilft ihm dabei.

Pastor Andreas Hellmich und Kirchenvorsteherin Elke Wiebusch vor der mobilen Kirche.
Pastor Andreas Hellmich und Kirchenvorsteherin Elke Wiebusch vor der mobilen Kirche.Stader Tageblatt

Die Kirchengemeinde St. Primus in Bargstedt (Niedersachsen) will mit ihren Angeboten dahin, wo die Menschen sind. „Wir nennen es Mobile Kirche“, sagt Pastor Andreas Hellmich, kurz MoKi. Der Name soll Programm sein. „Wir wollen damit sagen, dass wir eine Gemeinschaft der Glaubenden sind, die sich auf den Weg macht“, so der Pastor.

Hellmich hat die Idee für die Mobile Kirche vor gut einem Jahr gehabt und damit sofort offene Türen eingerannt. „Als ich im Kirchenvorstand von der Idee erzählte, fiel sie sofort auf fruchtbaren Boden“, erinnert er sich.

Die MoKi-Bude soll Begegnungsstätte sein

Im Internet stieß Hellmich auf eine passende Anzeige. Ein entsprechend spezialisierter Anbieter für Großfahrzeuge hatte einen Bauwagen im Sortiment, der „wie gemacht war für uns“. Zuvor sei der Wagen als Büro genutzt worden. Nun werde er noch hergerichtet, zu „unserer MoKi-Bude“, wie Pastor Hellmich den Bauwagen liebevoll nennt.

Der Innenausbau soll eine Bank in L-Form, einen flexiblen Tisch und Stauraum für eine Bierzeltgarnitur oder einen Stehtisch umfassen, die bei schönem Wetter draußen aufgestellt werden. Und natürlich müsse er beschriftet werden, sagt Hellmich. Nicht nur mit „Mobile Kirche“-Bude, sondern vielleicht auch mit dem Schriftzug „Wenn Himmel und Erde sich berühren“. „Gerne wären wir im Sommer damit schon unterwegs.“

„Die Idee ist grundsätzlich nicht neu. Schon seit Jahrzehnten gibt es in Theologie und Kirche immer auch Stimmen, die von der aufsuchenden Kirche sprechen“, erläutert Hellmich. Ihn bewege dieser Grundgedanke schon lange: „Menschen des Glaubens verlassen die kirchlichen Mauern und sind da, wo die Menschen in ihrem Alltag sind. Wir wollen uns für die Lebenswelten der Menschen öffnen, auf die wir treffen.“

Die Gemeinschaft soll sichtbar werden

Die Bargstedter Gemeinde verzeichne zwar einen relativ guten Gottesdienstbesuch. „Aber es gibt auch viele Gemeindemit­glieder, die nicht zu uns kommen“, sagt der Pastor. Mit der MoKi-Bude gehe es auch um mehr als um den Gottesdienst allein, so Hellmich weiter. Schließlich sei die Kirche eine Gemeinschaft, und das solle sichtbar werden.

Hellmich und seine Mitstreiter haben deswegen umgedacht. Es zieht sie hinaus. „Wir wollen dahin, wo die Menschen sind. Angebote für die Menschen gestalten und Hürden überwinden, ist uns wichtig.“ Insgesamt neun Dörfer gehören zur Kirchengemeinde mit dem Gotteshaus in Bargstedt. In diesen Dörfern, aber auch in Bargstedt selbst will die Gemeinde mit der MoKi-Bude als „sichtbarem Kristallisationspunkt“ künftig Präsenz zeigen. Dazu soll der etwa acht Quadratmeter große Bauwagen mindestens eine Woche lang an einem markanten Punkt stehen und mit einer Tafel auf die Ange­bote der Kirchengemeinde aufmerksam machen.

“Mobile Kirchen sind die Zukunft”

Hellmich sieht darin eine große Chance: „Die Zukunft von Kirche liegt darin, solche Begegnungs­räume zu eröffnen.“ Die jüngste Kirchenmitgliedschaftsstudie werde oft nur mit Blick auf sinkende Mitgliederzahlen gesehen und mit einem deprimierenden Grundton wiedergegeben, bedauert Hellmich.

Er sehe jedoch auch positive Aspekte: „Die Studie belegt eindrucksvoll, dass wir als Kirche stark sind, wo es Begegnungen vor Ort gibt. Man kennt sich. Man hat schon mal etwas miteinander erlebt. Menschen erleben Gottesdienste, Trauungen, Taufen, Beerdigungen und sagen ‚Das war toll‘.“ Für Hellmich ist es daher keine Frage: „Wir müssen mehr Begegnungspunkte schaffen.“ Die Moki-Bude sei ein solcher Versuch.

Plausch mit Nachbarn

Sie könne einen Plausch mit Nachbarn ermöglichen, Themenimpulse setzen oder zum Spiel einladen. Vielleicht werde es auch gezielte Angebote für Kinder oder Familien geben, sagt Hellmich. „Zuallererst geht es darum, Begegnungsräume zu öffnen.“ So könne die Moki-Bude auch eine Begegnungsstätte sein, um „zu quatschen“ und einen Schluck zu trinken. Und vielleicht auch als Sammelpunkt zum gemeinsamen Abendgebet. „Und wenn wir ohnehin auf den Dörfern Aktionen haben oder Ernteumzug ist, ist die MoKi-Bude unser Zeichen: Wir sind da – bei Euch, mit Euch, für Euch.“

Ein fertiges Programm gebe es noch nicht, sagt Pastor Hellmich. „Das wird sich entwickeln.“ Das hänge vom Team ab und natürlich vom Bedarf, so der Pastor weiter. Auch Scheitern sei erlaubt. „Wenn niemand kommt, dann ist die Idee gefloppt und wir sind um eine Erfahrung reicher. Es ist ein Experiment mit offenem Ausgang.“