Die Bundesregierung will das Rentenniveau auf dem heutigen Stand stabilisieren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) stellten am Dienstag in Berlin Details der schon für 2023 angekündigten Reform zur Stabilisierung des Rentenniveaus und der Rentenfinanzen vor. Lindner sprach von einem Paradigmenwechsel und einem Einstieg „in die teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente“.
Die Bundesregierung will dem von Heil und Lindner gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf zufolge das Rentenniveau bis zum Juli 2039 bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens gesetzlich festlegen. Um den Beitragsanstieg zu bremsen und die Rente finanziell zu stabilisieren, soll die gesetzliche Rente langfristig aus den Erträgen eines staatlich verwalteten Kapitalfonds bezuschusst werden.
In diesem Jahr sind erstmals Einzahlungen von zwölf Milliarden Euro vorgesehen, für die der Staat Kredite aufnimmt. Finanzminister Lindner versicherte, die Zinsen für Kapitalanlagen lägen „deutlich über den Zinsen, die wir für Staatsdarlehen bezahlen müssen“. Den Plänen zufolge soll der Fonds bis 2036 auf 200 Milliarden Euro aufgestockt werden. Aus den Erträgen soll die Rentenversicherung ab 2036 Zuschüsse von etwa zehn Milliarden Euro jährlich erhalten. Damit könne der Beitragssatz statt bei 22,7 Prozent des Einkommens bis zum Jahr 2045 auf 22,3 Prozent gebremst werden, heißt es in dem Gesetzentwurf. Heute und in den kommenden Jahren beträgt er noch 18,6 Prozent des Einkommens.
Das Rentenniveau würde nach den Worten von Heil ohne gesetzliche Eingriffe ab 2026 unter 48 Prozent sinken. Derzeit beträgt die Standardrente 48,2 Prozent des Durchschnittseinkommens abhängig Beschäftigter. Heil sagte, die Sicherung des Rentenniveaus sei unerlässlich. Käme sie nicht, würden Rentnerinnen und Rentner im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung ärmer werden. Außerdem sei die gesetzliche Rente ein Generationenvertrag, der eingehalten werden müsse, betonte Heil: „Wer heute Beiträge zahlt, muss sich auch in Zukunft auf die gesetzliche Rente verlassen können.“
Der Gesetzentwurf wird Heil zufolge nun innerhalb der Regierung abgestimmt und anschließend dem Kabinett vorgelegt werden. Ziel ist demnach, dass die Rentenreform noch bis zum Sommer im Bundestag verabschiedet wird.
Die Grünen äußerten sich skeptisch. Der rentenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Markus Kurth, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), man werde jetzt prüfen müssen, ob ein Kapitalstock, der weitgehend kreditfinanziert sei, überhaupt einen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten könne. Offenbar könnten die Beiträge „nur um ein paar Zehntel Prozentpunkte gedämpft werden“, sagte Kurth: „Das ist nicht die große Rettung der gesetzlichen Rentenversicherung.“
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, erklärte, die Stabilisierung des Rentenniveaus sei richtig, aber nur ein Anfang und nicht ausreichend, um die Altersarmut zu bekämpfen. Dazu sagte Arbeitsminister Heil, eine Stabilisierung bei 48 Prozent sei bereits „ein großer Kraftakt“. Es werde keine Erhöhung des Rentenalters und keine Rentenkürzungen geben, versprach der SPD-Politiker. Finanzminister Lindner erklärte hingegen, man werde in Zukunft auch über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit sprechen müssen.
Aus Sicht des ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke ist das Rentenpaket II „ein schlechter Kompromiss“. Das sogenannte Generationenkapital nannte der Gewerkschaftschef „eine absolute Fehlentwicklung“ und Einstieg in einen Systemwechsel weg von der umlagefinanzierten Altersrente.