Während die meisten Menschen sich auf die bevorstehenden Feiertage freuen, bereiten sich die Notaufnahmen in Hamburg auf den jährlichen Ansturm vor. An Weihnachten und Silvester werden in der Notaufnahme der Schön Klinik Hamburg-Eilbek täglich 30 bis 40 Menschen mehr als an anderen Tagen behandelt, sagt die Chefärztin des Zentrums für Notfall- und Akutmedizin, Gabriele Groth, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Besonders die zunehmenden Drogenexzesse an Silvester machen ihr Sorgen.
„Früher hatten wir ‘nur’ diejenigen mit Alkoholvergiftung. Inzwischen sehen wir die ganze Bandbreite“, erklärt Groth. Neben Alkohol seien Cannabis und Kokain sehr beliebt, und zwar in allen gesellschaftlichen Schichten. Manche Menschen seien so zugedröhnt, dass sie erst am nächsten Tag bemerken, dass sie sich beim Feuerwerk einen Finger weggeböllert haben. „Das ist wirklich schlimm“, sagt die Notfallmedizinerin.
Die Behandlung solcher Patienten ist für das Klinikpersonal oft eine Herausforderung. Mit dem Konsum von Drogen sinkt die Hemmschwelle. Viele Leute zögen ihre Kleidung aus, platzten in die Reanimationsräume, schrien und griffen die Beschäftigten sogar körperlich an, weil sie ihrer Meinung nach zu lange warten müssen. Erst kürzlich habe ein Patient einen Motorradhelm nach Groth geworfen. „Bis zu einem gewissen Grad sind wir das gewohnt, aber Gewalt in Krankenhäusern nimmt in großen Städten wie Hamburg zu“, betont Groth. Ab 2025 werden deshalb allen Beschäftigten der Schön Klinik in Eilbek Selbstverteidigungskurse angeboten.
Auf die Frage, ob ihr im Umgang mit ungehemmten Patienten auch mal der Geduldsfaden reißt, erklärt Groth: „Wir haben uns schon eine gewisse Resistenz erarbeitet.“ Wenn sie an Silvester aber zum zehnten Mal Erbrochenes aufwische, müsse sie auch aufpassen, dass ihre Stimmung nicht kippe. Team-Building sei da ganz wichtig. „Ich mache den Job seit mehr als 30 Jahren und ich bereue keine einzige Feiertagsschicht, weil ich immer ein tolles Team hatte.“
An Weihnachten kommen viele Menschen mit Magenverstimmungen oder Verbrennungen in die Notaufnahme. Nicht jeder verträgt den üppigen Braten, und echte Kerzen am Baum sind eine Gefahrenquelle. An Silvester behandeln die Beschäftigten viele chirurgische Fälle. „Die Anzahl hängt oft mit der Qualität der Böller zusammen, die gerade auf dem Markt sind“, sagt Groth. Das merkt das Klinikpersonal schon einige Tage vorher, wenn die Böller in den Verkauf gehen. „Behandeln wir vor dem Jahreswechsel bereits viele Böllerverletzungen, stocken wir den Dienstplan zu Silvester entsprechend auf.“
Auch Verbrennungen sollten Menschen immer sofort im Krankenhaus behandeln lassen, rät Groth. Habe ein Mensch sich aber am Gänsebraten überfuttert, könne er sich zunächst mit einer Wärmflasche aufs Sofa legen und abwarten. Wer beim Feiern ein Glas zu viel getrunken hat, könne sich auch erstmal zu Hause übergeben. „Natürlich kann man immer zu uns kommen, wenn man unsicher ist. Aber Wartezeiten sollte man einkalkulieren. Schwerkranke gehen nunmal vor“, erläutert Groth.