Robert Habecks zehnminütiges Internetvideo über den Nahostkonflikt und gegen Antisemitismus in Deutschland ist die “Rede des Jahres 2023”. Zu dieser Entscheidung kam das Rhetorik-Seminar der Universität Tübingen am Donnerstag.
Dem Grünen-Politiker sei eine hoch emotionale, eindringliche und zugleich anschauliche Rede gelungen, erläuterte die Jury. Der Vize-Kanzler habe in der am 1. November veröffentlichten Rede in klaren, knappen Sätzen über Toleranz und historische Verantwortung gesprochen und sich gegen vereinfachendes Schwarz-Weiß-Denken gewandt.
Stilistisch geschickt nutze er persönliche Beispiele, Wiederholungen und Antithesen. “Mit Kürze und Klarheit in Wortwahl und Satzbau präsentiert Habeck ein unmissverständliches Statement in einer schwierigen Problemlage, und bietet damit politische Führung”, erklärten die Sprachexperten.
Habeck melde sich in der Rede als Politiker, mitfühlender Denker und als Bürger zu Wort. Die Ansprache habe ihre Wirkung auch durch die Verbindung von Emotionen und Argumenten entfaltet. Hinzu komme eine “zeitgemäße Inszenierung für Social Media”, betonte die Jury. Durch die Veröffentlichung im Handy-Kamera-Hochformat weise Habeck auf eine Veränderung der Rede- und Debattenkultur hin. “Beispielhaft verkörpert Robert Habeck diese Entwicklung und verdient sich mit seiner Video-Ansprache den Preis Rede des Jahres 2023”, betonten die Tübinger Wissenschaftler.
Die Tübinger Universität kürt seit 1998 eine Rede des Jahres. Im vergangenen Jahr wurde Fridays-for-Future-Sprecherin Luisa Neubauer geehrt. Frühere Rednerinnen und Redner des Jahres waren Ex-Kanzlerin Angela Merkel für ihre Corona-Fernsehansprache oder Ursula von der Leyen für ihre Wahlrede 2019 im Europaparlament. Zu den Preisträgern gehörten auch Papst Benedikt XVI., Marcel Reich-Ranicki und Navid Kermani.