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Guter Ausgang

Heilige Hollywood-Geschichten unter dem Titel „Helden, Märtyrer, Heilige. Wege ins Paradies“ im Germanischen Museum Nürnberg.

„Ein Happy End wie im Film“, sagt Kurator Markus Prummer vor der Figurengruppe „Raphael und Tobias“ von Veit Stoß. Auf dem Weg zum glücklichen Ende muss Tobias, begleitet vom Erzengel Raphael, einige Prüfungen bestehen: Einen gefährlichen Fisch abwehren, die junge Frau Sara, die er am Schluss heiraten wird, von dunklen Mächten befreien und Geld von Verwandten holen. Ganz nebenbei gelingt es ihm, mit der Galle des Fisches das Augenlicht des Vaters zurückzugewinnen. Solche Heldenreisen von Heiligen wie Tobias stehen im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg.

„Helden, Märtyrer, Heilige. Wege ins Paradies“ heißt die Schau, die bis zum 4. Oktober 2020 zu sehen ist. Am Beispiel von rund 50 berühmten Werken des 13. bis 15. Jahrhunderts, darunter solchen von Veit Stoß und Tilman Riemenschneider, will das Museum verdeutlichen, wie durch solche Geschichten die Menschen eine Vorstellung von einem vorbildlichen Leben und damit vom sicheren Weg ins Paradies vermittelt bekamen. Dabei ist die Erzählung nicht viel anders als bei heutigen Protago­nisten auf der Leinwand oder im Comic: Ein Held wird berufen, muss Bewährungsproben bis hin zur Lebensgefahr bestehen und erntet am Schluss den Triumph.

Im ersten der vier Bereiche steht die Heldenreise Jesu im Mittelpunkt. Verdeutlicht wird sie durch allerlei Kunstwerke wie der Figur eines Palmesels oder eines Sterzinger Altarflügels mit Maria und dem Kind. Aber auch in 90 Sekunden wird das Leben Jesu auf eine Wand projiziert. Auf den graphisch dargestellten Figuren aus der Kunst blitzen rote Teufelshörner auf, das Blut tropft rot vom Kreuz, darüber steht die jeweilige Station der Heldenreise. Weder Versuchung noch die Aufopferung für die gute Sache können den Erfolg am Ende verhindern. Der Vergleich mit Heldenepen auf der Leinwand wie James Bond sind nicht weit hergeholt.

Entscheidend damals wie heute: das Bildmedium

„Vermittlungsstation“ heißen diese kurzen Erklär-Ecken in den einzelnen Sektionen. Darum geht es den Machern auch, wie der designierte Generaldirektor des Museums, Daniel Hess, sagt. Man wolle in einer Welt, in der das Wissen um christlich-religiöse Inhalte abnehme, auch dem Glauben ferne Menschen das Thema vermitteln. „Und zwar nicht als Missionare“, wie Hess betont. Dabei sei wichtig, dass auch in der Gegenwart Heilige noch eine große Rolle spielten. Wer etwa sei der heutige Christus, fragt der Museumsmacher: „Harry Potter, Mutter Teresa?“

Das Bildmedium sei damals wie heute das entscheidende, sagt Hess. Auch das wolle die Sonderausstellung zeigen. Ganz nebenbei überbrückt sie mit der ungewöhnlichen Dauer bis Anfang Oktober 2020 die Sanierung der Mittelalter-Halle samt ehemaligem Refektorium. Dort seien viele Werke aus dem Bestand bisher rein kunsthistorisch, stilistisch betrachtet worden, mit der jetzigen Schau wende man sich bewusst der Ikonographie der christlichen Werke zu, sagt Hess. Dieser gelte es nach-zuspüren.

Anders als der spätmittelalterliche Mensch landet der Besucher – Jüngstes Gericht hin oder her – ganz sicher im Paradies, einem weißen Raum ohne jedes Bild. Stattdessen erzählen Kinder und Erwachsene, Laien und Theologen verschiedener Religionen, in Tondokumenten ihre Vorstellung vom Paradies. Da ist etwa vom Wiedersehen mit Verwandten und dem Hund die Rede. „Es kommt kein Handy, kein Smartphone vor, alles nur analog“, freut sich der künftige Generaldirektor.
Zum Mitmachen aber lädt das Museum auch digital ein. Unter dem Hashtag #heldenreise können Menschen ihre Heldenvorstellungen auf Social-Media-Kanälen teilen. Oder ganz analog auf Postkarten am Ende des Rundgangs: große und kleine, aber auch falsche Helden. Inspiration bietet die Gestaltung der Wand am Eingang: Denn dort werden nicht nur Exponate graphisch dargestellt, sondern auch Superman, Nelson Mandela und Papst Johannes Paul II.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10-18 Uhr. Mittwoch, 10-21 Uhr. Internet: https://www.gnm.de/ausstellungen/aktuell-und-vorschau/helden-maertyrer-heilige/.