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Große Schäden bei Raketeneinschlag in Krankenhaus in Beerscheba

Eine Rakete aus dem Iran hat einen großen Krater in einen Teil des Soroka-Krankenhauses in Beerscheba gerissen. Das wichtigste Krankenhaus für Südisrael war gut vorbereitet: Trotz der Wucht der Sprengladung gab es nur wenige Leichtverletzte. Der Betrieb geht weiter.

Am Donnerstagmorgen kurz nach sieben Uhr traf eine iranische Rakete einen Trakt des Universitätskrankenhauses Soroka in Beerscheba. Rund eine halbe Tonne Sprengstoff zerstörte weite Teile des Gebäudes und richtete erheblichen Schaden an weiteren Krankenhausteilen an. Menschenleben forderte das Geschoss aus Teheran nicht: Das Gebäude, dessen Krater die tödliche Kraft des Einschlags ahnen lässt, war leer. Tags zuvor waren die letzten Patienten aus den zahlreichen Stationen in geschützte Bereiche der Einrichtung verlegt worden.

Der Boden am zentralen Eingang zur Notaufnahme knirscht unter den Füßen. Glassplitter aller Größen und Formen schimmern im Sonnenlicht, das durch die nun glaslosen Lichtschachte fällt. Dämmplatten aus Hartschaum gehen eine matschige Ehe mit dem Löschwasser ein. Konzentriert arbeiten Einsatzkräfte und Krankenhauspersonal an einer ersten Schadensbeseitigung. Wo Fachleute Grünes Licht geben, wird gefegt, gewischt, sortiert.

Panik ist nicht zu spüren. Kaum mehr als 36 Kilometer vom Gazastreifen entfernt, habe man sich an das Arbeiten unter schwierigen Bedingungen gewöhnt, sagen sie in Soroka. Dazu gehöre auch, im Krisenfall möglichst viele Patienten zu entlassen, wo möglich in andere Häuser zu verlegen und die verbliebenen “an den richtigen Ort zu bringen, um Verletzungen zu vermeiden”, so der stellvertretende Krankenhauschef Dror Dolfin. Das Haus mit rund 1.100 Mitarbeitern und 1.200 Betten sei nur zu 40 bis 50 Prozent belegt gewesen.

Die Strategie ging auf. Trotz der Schwere des direkten Treffers gab es nur rund 60 Verletzte durch umherfliegende Glassplitter und Gegenstände, die meisten von ihnen laut Dolfin nur leicht. Manche mussten mit Angstzuständen behandelt werden.

Rakete hin oder her: Der Betrieb in Soroka geht weiter, so gut es geht – müsse weitergehen. Eine Million Menschen seien auf das einzige Level-1-Traumazentrum im gesamten Süden angewiesen. “Wir können also nicht einfach nicht arbeiten, verstehen Sie? Soroka schließt niemals seine Türen”, so der stellvertretende Krankenhaus-Chef.

Von der Partnerkrankenkasse “Klalit” und den Behörden fühlen sie sich gut unterstützt. Was es jetzt nach Worten Dolfins am dringendsten braucht, kann wiederum nur einer garantieren: “Gott bewahre, dass nicht noch ein Raketenangriff die Stadt Beerscheba trifft.” Einen Massenanfall von Verletzten kann man hier jetzt nicht brauchen. Auch sei derzeit unklar, wann das Haus angesichts der enormen Schäden zu einer Art Normalität zurückkehren könne.

Einer der ersten aus der israelischen Regierung, der sich am Donnerstagnachmittag selbst ein Bild vor Ort machte, war Israels Außenminister Gideon Saar. Er sprach von einem Kriegsverbrechen. Ausgerechnet ein ziviles Krankenhaus habe sich das iranische Regime ausgesucht; einen Ort, an dem “das medizinische Team, die Ärzte, jeden Tag enorme Anstrengungen unternehmen, um Menschenleben zu retten”.

Sein iranischer Counterpart Abbas Araghtschi sprach unterdessen auf der Plattform X von einem Schlag gegen “ein israelisches Militärkommando-, Kontroll- und Geheimdiensthauptquartier”. Das nahe gelegene, weitgehend evakuierte Soroka-Militärkrankenhaus habe in kleinen Teilen oberflächliche Schäden erlitten. Diskussionen um israelische Angriffe auf Krankenhäuser im Gazastreifen klingen an.

Israels Vertreter und das Krankenhaus wiesen die Vorwürfe als absurd zurück. Alle israelischen Opfer des iranischen Raketenbeschusses bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien “ausnahmslos Zivilisten, und das sagt alles”, so Saar. Geheimdienstinformationen bewiesen die iranischen Kriegsstrategie: “bewusst die Zivilbevölkerung, zivile Ziele, Zivilisten, Kinder und ältere Menschen anzugreifen”.

Wie die Raketen keinen Unterschied machten, gebe es auch im Krankenhaus diesen Unterschied nicht, und zwar in positiver Hinsicht: “Juden, Muslime und Christen kommen nach Soroka. Die Behandlung ist für alle gleich”, sagt Zeev. Der strengreligöse Jude ist Krankenpfleger in der chirurgischen Abteilung. Rund 30 bis 40 Prozent seiner Kollegen, vom Reinigungspersonal über Pfleger zu Ärzten, sind nach Angaben der Klinikleitung Nichtjuden.

Krankenhausseelsorger Boruch Siris meint: “Man schaut sich um und sieht viel Zerstörung; aber man sieht auch etwas, das zu einer Erlösung erblühen wird.” Für den Rabbiner im weißen Kittel ist der Tag des Einschlags ein Datum mit großer Symbolkraft. Der 19. Juni, erklärt er, fällt in diesem Jahr auf den 23. Siwan, einem “sehr wichtigen Tag im jüdischen Kalender”. An diesem Tag habe der persische König Achaschwerosch den Juden erlaubt, sich zu verteidigen.

Ein zur Vernichtung der Juden bestimmtes Gesetz wurde per königlichem Dekret aufgehoben, berichtet das biblische Esther-Buch – und machte den 23. Siwan vom Unheilstag zum “Tag großer Hoffnung”. Wörtlich heißt es dort: “Mit diesem Erlass gestattete der König den Juden in allen Städten, sich zusammenzutun und für ihr Leben einzutreten und die ganze Heeresmacht von Völkern und Provinzen auszurotten, zu töten und zu vernichten, die sie samt Kindern und Frauen bedrängten.” Wer ist Jäger, wer ist Gejagter?