ATHEN/FRANKFURT – Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Griechenland, Hieronymos II., hat die EU aufgefordert, die Schließung der Grenzen für Flüchtlinge zu überdenken. Er schließe sich der Einschätzung der Regierung in Athen an: Griechenland sei ein kleines und von der Wirtschaftskrise erschöpftes Land, das nicht in der Lage sei, mit Hunderttausenden Flüchtlingen allein fertig zu werden, schreibt der Erzbischof von Athen und ganz Griechenland in einem Brief an den Generalsekretär des Weltkirchenrats, Olav Fykse Tveit, den dieser veröffentlichte.
Zudem müssten die Fluchtursachen bekämpft werden, damit die Familien nicht mehr ihre Heimat verlören, schreibt der Erzbischof von Athen und ganz Griechenland und bittet den Ökumenischen Rat der Kirchen, sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen. „Das größte Problem und die größte Flüchtlingswelle auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg“ müssten mit vereinten Kräften gelöst werden. „Unsere Meere sind zu flüssigen Gräbern geworden“, schreibt Hieronymos II.. Zugleich betont der Erzbischof, dass die orthodoxe Kirche weiterhin den Flüchtlingen helfen werde.
Die Orthodoxe Kirche von Griechenland hat rund zehn Millionen Mitglieder, das sind rund 95 Prozent der griechischen Bevölkerung. Ihre Flüchtlingshilfe läuft über ihre Hilfsorganisation „Apostoli“. Zu politischen Themen äußert sie sich normalerweise selten.
Am vergangenen Montag begann die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens, nach dem alle Bootsflüchtlinge, die in Griechenland ankommen, wieder in die Türkei zurückgeschickt werden. Im Gegenzug will die EU bis zu 72 000 Syrer aus der Türkei aufnehmen.
Kirchen und Menschenrechtsorganisationen kritisierten das Verfahren scharf. So nannte der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, die Abschiebungen von Griechenland in die Türkei einen „rechtswidrigen Akt der Unmenschlichkeit“. In Griechenland existiere kein rechtstaatliches Asylverfahren. Zudem sei die Türkei kein sicherer Drittstaat, der Flüchtlinge schützt. Auf Kosten der Schutzbedürftigen werde ein Exempel statuiert. „Das sind Massenabschiebungen, bei denen der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt wird“, kritisierte Burkhardt. epd
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Griechischer Erzbischof hält sein Land für überfordert
Hieronymos II. äußert sich in einem Brief an den Ökumenischen Rat der Kirchen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren Abschiebung in die Türkei scharf