Von Ute Gniewoß, Pfarrerin in der Kirchengemeinde Heilig-Kreuz-Passion in Berlin-Kreuzberg.
„Dann wohnt das Recht unter den Menschen und schafft Frieden, für alle Völker – Spruch unseres Gottes – sichere Zukunft“, heißt es im Wochenlied. Ist das billige Vertröstung oder reale Aussicht? Des Öfteren zählen sich Menschen in Gesprächen die Schrecklichkeiten unserer Zeit in einem Atemzug auf. Von europaweitem Rechtsextremismus über Klimawandel bis zu „Jetzt noch dieser Johnson“ wird alles im Stakkato abgehakt. Andere nicken oder ergänzen die Liste. Es ist sicher gut, auszusprechen, was uns ängstigt, aber manchmal ist der Blick wie gebannt, fixiert. Manchmal sanktionieren solche Äußerungen nur Nichtstun oder befördern Resignation. Biblisch aber wird uns das Kommen von Gottes Reich angesagt, jetzt und hier und irgendwann in Fülle. Wer diese Vision als kommende Realität nimmt und als Sehhilfe für die Wirklichkeit benutzt, entdeckt auch anderes: den Gottesdienst, in dem Menschen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens aufrecht miteinander Anwaltschaft für Ausgegrenzte übernehmen. Oder die zahllosen Menschen, die noch immer darauf setzen, dass von Jerusalem Frieden ausgehen kann und wird.Überall auf der Welt werden jetzt Menschen gerettet und beschützt. Ja, jetzt. Schaut hin, Gott arbeitet und viele Menschen auch. Ein riesiges Gerechtigkeitsnetz spannt sich um die ganze Welt. Starrt nicht auf das, was vergeht. Die Welt wird nicht bleiben, wie sie ist. Wir haben immerhin unser ganzes Leben, um in die Sehnsucht Gottes einzustimmen. Das ist nicht nichts, sondern sehr viel.