Niedersachsens Sozial- und Gleichstellungsminister Andreas Philippi (SPD) hat weibliche Genitalverstümmelung als „brutale, frauenfeindliche Gewalttat“ verurteilt. Solche Verbrechen müssten gesellschaftlich geächtet und mit aller Härte des Gesetzes verfolgt und bestraft werden, sagte Philippi am Dienstag in Hannover zum internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Er forderte eine wirksame Prävention und konsequente Intervention.
Niedrigschwellige Beratungsangebote müssten schon früh ansetzen, sagte Philippi. Zudem sei eine stärkere Sensibilisierung von Fachkräften notwendig. Hebammen und Frauenärzte müssten fortgebildet werden, damit sie betroffene Frauen besser unterstützen könnten. Ziel eines bereits bestehenden Runden Tisches sei eine bessere Aufklärung und Vernetzung.
Menschenrechtsorganisationen schätzen den Angaben zufolge, dass in Deutschland rund 100.000 Mädchen und Frauen leben, deren Genitalien entfernt wurden. Die Frauenschutzorganisation Terre des Femmes gehe in einer Dunkelzifferschätzung davon aus, dass zum Stichtag am 31. Dezember 2021 in Niedersachsen 5.374 betroffene Frauen und 2.794 betroffene Mädchen lebten. Bis zu 1.299 Mädchen unter 18 Jahren seien gefährdet.
Betroffene Frauen stünden unter enormem Druck, da die Verstümmelung in ihrem Kulturkreis als soziales und religiöses Gebot gelte, sagte der Minister. Deshalb sei die Dunkelziffer hoch. Nicht alle Taten würden aufgedeckt und führten zu Ermittlungsverfahren. Die überwiegende Zahl dieser Verbrechen werde vermutlich in den Herkunftsländern begangen. „Dennoch müssen wir hier alles Erdenkliche tun, um dieses schlimme Unrecht zu verhindern oder Täter zu belangen“.
Die Verstümmelung weiblicher Genitalien ist seit 2013 als eigener Straftatbestand eingestuft. Die Tat kann mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.