Bornhöved/Kaliningrad. Götz Scheel arbeitet als Pastor in Bornhöved im Kirchenkreis Plön-Segeberg. Darüber hinaus sorgt er für einen Austausch über mehrere Tausend Kilometer hinweg, der gerade enorm an Aktualität gewinnt: Scheel pflegt gute Kontakte zu den evangelisch-lutherischen Christen in der russischen Enklave Kaliningrad.
Für die Kirchengemeinde von Mamonovo, einer kleinen Stadt unweit der polnischen Grenze, engagiert er sich, so gut er kann. In dem russischen Gebiet gibt es etwa 1000 Lutheraner, verteilt auf rund 25 Gemeinden. Weil sie aus dem Ausland unterstützt werden, würden sie von den Behörden teils schikaniert, müssten etwa hohe Steuern zahlen. Um Aufsehen zu vermeiden, treffen sich die Christen daher in privaten Hauskreisen. „So versuchen sie, ihre Fahne hochzuhalten – aber natürlich brauchen sie unsere Hilfe und Unterstützung“, so Scheel.
Friedensandacht als Film
Bis 2018 hat er oft Besuche in der Region gemacht, etliche Hilfstransporte dorthin organisiert. Als sich die politische und militärische Lage seit 2014 zuspitzte, begann der 65-Jährige, Friedensandachten daheim zu veranstalten, sie zu filmen und online an seine Kontakte nach Mamonovo zu senden. So wurden Andachten mit Fürbitte per Video gezeigt, ein ehemaliger Generalleutnant der Roten Armee, Alexander Reich, verlas Scheels Predigt.

Aktuell sei so etwas wegen vieler Corona-Infektionen und eines Lockdowns nicht möglich, sagt Scheel. „Im Moment geht gar nichts mehr, das ist sehr bedrückend“, so der Seelsorger. Aber er bleibt mit der Bornhöveder Pastorin Ulrike Egener dran. Sobald es wieder möglich sei, sollen die Friedensandachten unter dem Motto „Nie wieder Krieg!“ gemeinsam veranstaltet werden.
Ersatzweise telefoniert er mehrmals in der Woche mit Mamonovo. Wie ernst nehmen die Menschen die drohende Kriegsgefahr? Einerseits gebe es bei den Menschen einen „gesunden russischen Patriotismus“, schildert Scheel. Doch andererseits „ist eine Anspannung da, weil man weiß, dass man im Krieg direkt an der Front wäre“. Kritisch wäre dann, dass Mamonovo direkt an der Grenze zum Nato-Mitglied Polen liegt und damit gefühlt an vorderster Linie im Ost-West-Konflikt.
Beide Seiten beschuldigten sich der Aggression. Russland wolle keinen Krieg, habe ihm Alexander Reich gesagt. Doch träte die Ukraine der Nato bei, würde das die Sicherheitsinteressen Russlands massiv bedrohen: „Dann würde es in jedem Fall eine militärische Auseinandersetzung geben“, ist sich Scheel sicher.
Gebet aus dem Russischen übersetzt
Die angespannte Situation in der Region und das Schicksal der Lutheraner in der Kaliningrader Propstei macht auch Frank Lotichius Sorgen. Er ist Pastor in der Kirchengemeinde Breitenfelde bei Mölln und zugleich beim Zentrum für Mission und Ökumene (ZMÖ) für Kaliningrad, St. Petersburg und Kasachstan zuständig. Das ZMÖ unterstützt die Christen vor Ort unter anderem bei der Finanzierung von Bauprojekten. „Aktuell helfen wir bei der Sanierung der Auferstehungskirche in Kaliningrad“, schildert er.
Weil ihn die „Sorge um eine akute Kriegsgefahr“ umtreibt, hat er ein Friedensgebet aus dem Russischen übersetzt und nordkirchenweit in Umlauf gebracht. Denn, so Lotichius: „Das Einzige, was wir in dieser Situation tun können, ist, uns dort, wo wir sind, zu vereinen im Gebet.“ Das Friedensgebet stammt aus Petersburg und beginnt so: „Herr Jesus Christus, unser Gott, siehe herab mit deinem barmherzigen Auge auf das Leid und das so schmerzerfüllte Schreien deiner Kinder, die in der Ukraine sind. Befreie dein Volk vom Bruderkrieg, verringere das Blutvergießen, befreie von den Nöten, die der Krieg mit sich bringt.“