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Gekämpft und verloren

Maria I. von England führte ein glückloses Leben. Sie kämpfte verbissen um den englischen Thron, wollte ihr Land zurück zum Katholizismus führen und eine Familie gründen – doch alle Pläne scheiterten. Vor 500 Jahren wurde die britische Monarchin geboren

„Wenn Gott für uns ist, wer kann da noch gegen uns sein?“, zitierte die englische Königin Mary Tudor ganz selbstbewusst Paulus (Röm 8,31). Ihr erklärtes Ziel: aus England wieder eine katholische Nation zu machen. Das Vorhaben scheiterte, allem Gottvertrauen zum Trotz.
Mary Tudor, auch Maria I. von England genannt, ist die erste gekrönte und gesalbte Königin Englands, die als Regentin den Thron bestieg und nicht als Gattin. Sie wurde vor 500 Jahren, am 18. Februar 1516, geboren.

Die Erstgeborene – nur zweite Wahl

Mary Tudor führte das Land nur fünf Jahre bis zu ihrem frühen Krebstod im Alter von gerade einmal 42 Jahren. In dieser Zeit tat sie alles, um ihr selbsterklärtes Ziel zu erreichen. Vor allem wollte sie die Errungenschaften der anglikanischen Reform rückgängig machen, den katholischen Glauben wieder zur Staatsreligion erheben und den Riss mit Rom beseitigen.
Als Erinnerung an ihre fehlgeschlagene Mission verlieh ihr die Nachwelt die Beinamen „die Katholische“ oder „die Blutige“ – ein Zeichen dafür, dass Glauben damals auch mit Hilfe des Scheiterhaufens verbreitet wurde.

Mit Gewalt den Thron erkämpft

Durch das Leben der englischen Königin zieht sich das Scheitern wie ein roter Faden. Sie wurde im Februar 1516 als erstes Kind von Heinrich VIII. und seiner spanischen Ehefrau Katharina von Aragon geboren. Für ihren Vater war sie zwar ein Quell der Freude, aber nur unter der Voraussetzung, dass weitere Söhne folgten. Diese kamen aber nicht, und der König verliebte sich in Anne Boleyn.
Nachdem Heinrich VIII. Marys Mutter verstieß und die gemeinsame Tochter damit zum königlichen Bastard degradierte, hielt Mary fest zu ihrer Mutter. Sie blieb auch durch alle konfessionellen Stürme hindurch ihrem katholischen Glauben treu, den ihr Vater quasi handstreichartig abschaffte: Er brach mit dem Papst und machte sich selbst mit Unterstützung des Parlaments zum Oberhaupt der Anglikanischen Kirche. Der von ihm zum Erzbischof von Canterbury eingesetzte Thomas Cramner erklärte anschließend die Heirat mit Anne Boleyn für gültig. Damit war auch die Scheidung von Marys Mutter Katharina rechtskräftig.
Maria sah nach der Scheidung ihrer Eltern fünf weitere Ehefrauen folgen, zwei weitere Geschwister kamen dazu, die spätere Königin Elisabeth I. und der spätere König Edward VI. Die Zeit unter der zweiten Frau Heinrichs VIII., Anne Boleyn, war die schwerste für sie. Sie wurde von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter unter Druck gesetzt, ihre eigene Degradierung anzuerkennen und auf jeden Thronfolgeanspruch zu verzichten. Ihrer Stiefschwester Elisabeth, der Tochter Anne Boleyns, sollte sie als Hofdame dienen.
Nach langen Jahren des Widerstands musste sie sich schließlich doch geschlagen geben: Am 22. Juni 1536 unterzeichnete sie das Schriftstück „Lady Mary’s Submission“ (Lady Marias Unterwerfung), in dem sie die Ungültigkeit der Ehe ihrer Eltern und ihren Status als Bastard akzeptierte und den König als Oberhaupt der Kirche anerkannte.
Dennoch erkämpfte sie im Juli 1553 nach dem frühen Ableben ihres Bruders den Thron. In den Jahren seiner Regierung war 1549 der anglikanische Glaube zur Staatsreligion erhoben und die katholische Messe verboten worden. Als Königin fand sich Maria I. folglich in der für sie merkwürdigen Lage, Oberhaupt einer Kirche zu sein, die sie völlig ablehnte.
Im Oktober 1553 sorgte sie für ein Parlamentsgesetz, das die öffentliche Messe wieder erlaubte. Ein Jahr später kam Kardinal Reginald Pole, ihr Cousin, als päpstlicher Legat nach England aus dem Exil zurück und nahm die Nation wieder feierlich in die katholische Kirche auf.
Die Uhr ließ sich aber nicht zurückdrehen. Eine ganze Generation junger Leute war mit dem protestantischen Gedankengut groß geworden. Viele der früher katholischen Priester waren nun verheiratet und wollten nicht zurück. Die Kirche musste auch ihren verloren gegangenen Besitz abschreiben. Denn keiner derjenigen, die sich rund 20 Jahre vorher daran bereichert hatten, wollte darauf verzichten. Viele Protestanten flohen auf den Kontinent, andere starben auf dem Scheiterhaufen für ihre Überzeugung. Zwischen 1555 und 1558 ließen rund 300 Menschen für den Glauben ihr Leben.

Ein katholischer Thronfolger fehlte

Damit machte sich Maria nur wenig Freunde. Noch mehr an Sympathie verlor sie durch ihre Ehe mit dem spanischen Thronfolger Philipp II., die sie 1554 als bereits 38-Jährige schloss. Ihr Motivation: eine katholische Dynastie aufzubauen und so zu verhindern, dass England nach ihrem Tod wieder protestantisch würde.
Maria brachte ihrem Ehemann viel Zuneigung entgegen, die Philipp aber nicht im gleichen Maße erwiderte. Bald wähnte sie sich schwanger, aber die Schwangerschaft entpuppte sich als Irrtum. Wenige Jahre später die gleiche Situation. Doch da stellte sich heraus, dass Maria bereits schwer krank war. Sie starb am 17. November 1558.
Noch am gleichen Tag wurde ihre Schwester Elizabeth zur Königin ausgerufen. Sie erklärte wieder den Protestantismus zur englischen Staatsreligion – und machte damit alle Bemühungen und Hoffnungen ihrer Schwester zunichte. KNA