Stockholm/Büdelsdorf. Lachend stehen Claudia Häfner und ihre Freundin Katarina Freisleder vor dem Gebäude der Technischen Universität München. Zur Amtsübergabe des neuen Präsidenten tragen beide ein figurbetontes, knielanges schwarzes Kleid mit weißem, ringförmigem Stehkragen, einem Kollar. Die zwei Frauen sind Pastorinnen der Evangelischen Hochschulgemeinde an der TU und Fans der Kleidung von “Casual Priest”.
Hinter “Casual Priest” steht die schwedische Modedesignerin Maria Sjödin. Die Idee kam ihr vor etwa 17 Jahren: Eine befreundete Paastoriin bat sie darum, ihr ein Oberteil zu entwerfen. Sie war nicht glücklich mit der herkömmlichen Kleidung für Geistliche, die offensichtlich für Männer entworfen wurde.
Selbstbewusstsein ausstrahlen
Sjödin entdeckte eine Marktnische. “Maßgeschneidert, modern, selbstbewusst und stylish”, so beschreibt sie ihre Kollektion für Pastorirnnen. Genug potenzielle Kundinnen sind da: 40 Prozent der Geistlichen in der evangelisch-lutherischen Kirche in Schweden sind weiblich. Auch in Deutschland studieren mehr Frauen als Männer Theologie. Und auch in der Bundesrepublik gibt es außer der klassischen Talarschneiderei keine Boutique, die geistliche Mode speziell für Frauen anbietet.
“Ich will, dass sich Frauen im kirchlichen Dienst wohlfühlen und Selbstbewusstsein ausstrahlen”, sagt Sjödin. Beim Design orientiert sich die Schwedin am klassischen Kollarhemd mit breitem weißem Stehkragen, einem Erkennungszeichen für Geistliche. Sjödin benutzt aber moderne Stoffe und Schnitte. Die Kleider, T-Shirts und Langarmhemden sind im Online-Shop neben Schwarz auch in Blau, Khaki, Grau und gemustert erhältlich. Die meisten Käuferinnen erreicht die Modemacherin über die sozialen Netzwerke. Auf dem Berliner Kirchentag 2017 stellte sie ihre Kollektion in einem Pop-up-Store aus.
Plötzlich im Gespräch
Unter den Hashtags “#casualpriest” und “#casualprieststories” posten Pastorinnen aus aller Welt Fotos mit Kleidungsstücken der Designerin. Neben Deutschland, den USA, Österreich und Norwegen kommen die meisten der inzwischen rund tausend Beiträge aus Schweden. Hier tragen einige Frauen das Kollarhemd in Kombination mit einer bunten Blumen-Bluse oder auffälligem Schmuck.
Josephine Teske hat sich gleich vier Teile bestellt. Die 33-jährige Pastorin der evangelischen Kirchengemeinde Büdelsdorf bei Rendsburg ist noch relativ frisch im Amt. Schnell habe sie festgestellt, dass Menschen sie nach dem Gottesdienst ohne Talar nicht mehr erkennen. Oft sei sie als junge, blonde Frau nicht ernst genommen worden, erinnert sie sich zurück.
“Casual priest” hat sie im Internet gefunden. Seitdem ist die Pastorin etwa bei Empfängen mit der Kollarmode gekleidet. Und seitdem, so berichtet die zweifache Mutter, komme sie plötzlich auch etwa mit Politikern ins Gespräch.
Unpraktischer Talar
Claudia Häfner mag es gern dezent. Mit dem Talar fühle sie sich bei beruflichen Terminen außerhalb der Kirche oft verkleidet, erzählt sie. “Und unpraktisch ist er auch.” Treppenlaufen, Taufe im See, alles wird zur Herausforderung mit dem langen Gewand. Ihr schlichtes, schwarzes “Casual Priest”-Kleid trägt sie bei akademischen Veranstaltungen oder auch einem Laternenumzug.
Bisher habe sie fast nur positive Reaktionen auf ihr Outfit bekommen, erzählt die vierfache Mutter. Vor allem junge Leute seien angetan. Auch ihre Kinder fänden ihre neue Berufskleidung cool. Bald möchte sich die Theologin ein weiteres Kleid kaufen. “Da warte ich noch auf einen Anlass”, sagt Häfner. Schließlich sind die Kleidungsstücke mit 200 bis 300 Dollar nicht günstig.
Josephine Teske postet Bilder in Casual-Priest-Kleidung auf Instagram. “Ich möchte anderen Frauen zeigen: Guckt! So was gibt’s für uns”, sagt die junge Theologin und betont: “Ich verstecke meinen Körper nicht, nur weil ich ein Amt innehabe.” (epd)