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Gefüllt und voller Bedeutung

Neben dem Kreuz gilt der Fisch als Symbol der Christen. Für die ersten Christen ein wichtiges Zeichen. Doch dann verschwand es viele Jahrhunderte – und tauchte in den 1960er Jahren wieder auf

© epd-bild / David Boucherie

Die einen tragen ihn als Silberschmuck um den Hals, andere kleben ihn – gerne in Regenbogenfarben – hinten aufs Auto: einen Fisch. Das bedeutet dann irgendwie „Ich bin Christ, und dazu bekenne ich mich auch“. Schön. Aber warum ausgerechnet ein Fisch und nicht das Kreuz?
Jesus hatte seinen Jüngern auferlegt, Menschenfischer zu werden. Demnach wären die erfolgreich missionierten Neuchristen eine Art Fischlein. Und Fische leben im Wasser, Christen werden mit Wasser getauft. Weitere Anspielungen auf den Fisch sind die Speisung der Fünftausend mit der wundersamen Vermehrung nicht nur von Broten, sondern auch von zwei Fischen. Zudem lud der Auferstandene seine Jünger zum Fischessen am See Genezareth ein. Kurzum: In der Bibel ist der Fisch ein alltägliches Nahrungsmittel.

Der Fisch taucht mehrmals in der Bibel auf

Doch so leicht erschließt sich die Symbolik des Fischs im Christentum nicht. Sie ist auch ziemlich um die Ecke gedacht. Und hinter dieser Ecke liegt Griechenland. Fisch heißt auf Griechisch „Ichtys“, und dieses Wort ist zugleich das Akronym von „Iesous Christos Theou Yios Soter“ (Jesus, Christus, Gottes Sohn, Retter). Das ist eine Art Mini-Glaubensbekenntnis: Ich glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und Erlöser der Welt. Griechisch war die Sprache des Urchristentums, das Neue Testament ist in dieser Sprache verfasst.
Christstein war jedoch lange Zeit verboten im Römischen Reich. Christen lebten im Untergrund, trafen sich heimlich und gaben sich untereinander mit einem Geheimzeichen zu erkennen, dessen Bedeutung sich Außenstehenden nicht ohne Weiteres erschloss – dem Fisch. „Dazu zeichnete jemand eine gekrümmte Linie auf den Boden“, schreibt die Theologin Heidi Rose in ihrem Buch „Christliche Symbole“, „die andere Person gab sich durch die Ergänzung des Gegenbogens als Mitchristin oder Mitchrist zu erkennen“.
Und sie wurden immer mehr. Mit der Emanzipation der Christen in der Spätantike wurde die Versteckspielerei überflüssig. Der Fisch als ihr geheimes Symbol verschwand jahrhundertelang in der Versenkung. Als Staats- und Weltreligion hatte das Christentum schließlich keine verschwörerischen Erkennungszeichen nur für Eingeweihte mehr nötig. Das Kreuz für Protestanten und das Kruzifix für Katholiken dominierten. Erst in den 1970er Jahren tauchte der Fisch wieder auf, vor allem zunächst als Autoaufkleber. Nach anderen Quellen soll er von einer australischen Studentengruppe schon 1965 wiederentdeckt worden sein. Evangelikale Christen setzten sich mit dem neuen alten Symbol ein wenig von den verfassten Amtskirchen ab.
Doch die haben den Fisch längst wieder vereinnahmt. Auf der Expo 2000 in Hannover war ein großer Wal-Pavillon – der Meeressäuger als eine Art Fisch – noch evangelikalen Organisationen zugeordnet. Beim alles andere als evangelikalen Kirchentag in Köln 2007 aber prangte ein leuchtender halber Fisch überdimensional an der Deutzer Brücke, auf Gemeindefesten flattern Fischfähnchen inzwischen unbekümmert im Wind, zahllose kirchliche Häuser sind damit geschmückt.
Auf dem Teller ist der Fisch für Christen jedoch eine recht profane Angelegenheit. Niemand käme auf die Idee, Matjeshering oder Forelle blau hätten irgendetwas mit dem Glauben zu tun. In der jüdischen Küche hingegen nimmt der „Gefillte Fisch“ eine exponierte Rolle ein, er ist der Klassiker in der traditionellen jüdischen Küche und etwas knifflig in der Zubereitung. Dazu wird das Fleisch eines Süßwasserfischs vorsichtig aus der Haut gepult, gehackt und mit eingeweichtem Brot, Eiern und Gewürzen zu einer Farce verarbeitet, die wieder in die Haut gefüllt wird. Der so präparierte Fisch wird in Fischsud pochiert und in diesem kalt serviert. Wer das zu kompliziert findet, macht aus der Farce einfache Klößchen oder arbeitet mit Fischkoteletts. Das Symbol hat sich dann allerdings erledigt.