Turmhohe Monsterwellen gehören zu den größten Risiken auf hoher See; einige Schiffsunglücke werden ihnen zugeschrieben. Dabei galt es bis Mitte der 1990er-Jahre nicht einmal als sicher, ob es derart hohe und zerstörerische Riesenwellen wirklich gibt. Doch dann wurde solch eine gigantische Welle von fast 30 Metern Höhe erstmals zweifelsfrei an einer Bohrinsel aufgezeichnet. Filmemacher Fabian Korbinian Wolf besucht diese Bohrinsel, die 45 Kilometer nördlich der ostfriesischen Küste inmitten deutscher Offshore-Windanlagen liegt. Dort illustriert Ingenieur Paul Harmsen vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie anhand von Fotos die damalige Zerstörung an der Forschungsplattform FIN01.
Schweigende Schifffahrtsindustrie
Nicht alle Angefragten waren offen für das heikle Thema. Das beharrliche Schweigen der Schifffahrtsindustrie über das Naturphänomen sei schon besonders gewesen, sagt Wolf: In diesem Ausmaß kenne er das sonst nur aus der Auto- und Kosmetikindustrie. Auch die optische Gestaltung war für ihn eine Herausforderung – schließlich galt es, einen Film über etwas zu machen, das man nicht einfach aufzeichnen kann. Die Doku “Terra X: Schrecken der Meere – Das Rätsel der Monsterwellen” läuft am Sonntag, 13. Juli, um 19.30 Uhr im ZDF.
Mit einer aufwendigen Animation gelang es dem Filmemacher, die Begegnung des Kreuzfahrtschiffes “Caledonian Star” mit einer Monsterwelle im Jahr 2001 nachzustellen. Kapitän Karl-Ulrich Lampe erinnert sich an den Moment, als das Schiff in einem Orkan vor der Küste Argentiniens frontal auf die haushohe Welle zusteuerte. Durch richtiges Handeln konnten der Oldenburger und seine Crew das Schiff retten.

Auch die Bewohner der japanischen Pazifikinsel Aogashima wurden Zeugen eines solchen Naturphänomens. Die kleine Insel ist umgeben vom gefährlichen Kuroshio-Strom und berüchtigt für starke Stürme. Wegen Wetterumschwüngen, Stürmen und Gezeiten treten Riesenwellen hier regelmäßig auf. Ergriffen schildert der Fischer Seiichi Hiroe, er sei einmal “sieben bis acht Meter mitgezogen worden. Das kam so plötzlich. Ich weiß nicht mal, wie hoch die Welle war”.
Wetterunabhängig – in einem der modernsten Wellenkanäle der Welt an der Universität Tokio – erforschen Amin Chabchoub und Takuji Waseda, wie Monsterwellen unter Laborbedingungen entstehen. Die Wissenschaftler möchten besser verstehen, wo und unter welchen Umständen sie auftreten. Ihre Erkenntnisse bieten die Chance, diese gefährlichen Kräfte der Ozeane zu entschlüsseln.
Vorhersage bleibt schwer möglich
In seiner sehenswerten Dokumentation kombiniert Wolf beeindruckende Bilder mit Fachwissen. Von der ersten E-Mail bis zur Fertigstellung vergingen laut dem Filmemacher genau 1.192 Tage. In dieser Zeit filmte er in Oldenburg, Rostock, im japanischen Aogashima und Tokio, auf der Nord- und Ostsee sowie in Bulgarien, wo die Ereignisse rund um die “Caledonian Star” rekonstruiert wurden. “Aller Aufwand war wichtig, damit es zu diesem Ergebnis kam”, erklärt Wolf der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Nach Ende der Dreharbeiten sind Ozeane für ihn nun Orte, an denen “die unvorstellbare Kraft unseres Planeten spürbar ist”.
Obwohl extreme Monsterwellen sehr seltene Ereignisse in heftigen Stürmen sind, existierten sie und seien eine große wissenschaftliche Herausforderung, erklärt Wolf. Panikmache sei zwar fehl am Platz, zugleich werde eine verlässliche Vorhersage aber vielleicht nie möglich sein.
Das ZDF zeigt die Doku “Terra X: Schrecken der Meere – das Rätsel der Monsterwellen” am Sonntag, 13. Juli, um 19.30 Uhr.